Aus Anlass des 73. Jahrestages der Ermordung Ernst Thälmanns fand am 20. August 2017 in Ziegenhals eine Gedenkveranstaltung statt. Sie stand unter dem Motto

100 Jahre Roter Oktober!

Die Rede hielt der langjährige Botschafter der DDR in der Volksrepublik China, Genosse Rolf Berthold.

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freunde,

Ernst Thälmann wurde am 18. August 1944 von den Faschisten ermordet. Es ist gut, dass hier, an diesem Ort ein Platz eingerichtet wurde, an dem ein ständiges Gedenken an den Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Deutschlands möglich ist. Mit diesen Veranstaltungen hier erinnern wir zu-gleich daran, wie im heutigen Deutschland mit dem revolutionären Erbe umgegangen wird. Ich meine, im Namen aller Anwesenden zu sprechen, wenn ich den Organisatoren dieser Veranstaltungen unseren herzlichen Dank ausspreche. Ernst Thälmann ist und bleibt der Repräsentant unserer Politik und unse-rer Positionen. Ich erinnere mich, dass mir meine Eltern in meinen frühen Kindesjahren erzählten, dass sie auf Kampfkundgebungen in Chemnitz Ernst Thälmann erlebt hatten, in der Stadt, der später der Name Karl-Marx-Stadt verliehen wurde.

Wenn wir heute den Lebenslauf des Genossen Ernst Thälmann verfolgen, finden wir auch viele Aktio-nen der Solidarität mit dem Kampf des chinesischen Volkes. Er hat auf zahlreichen Kundgebungen und in vielen Artikeln der kommunistischen Presse in den 20er und frühen 30er Jahren zur Solidarität mit dem Kampf des chinesischen Volkes aufgerufen und über diesen Kampf berichtet. Die Kommunistische Partei Deutschlands hat den Aufenthalt zahlreicher chinesischer Genossen in Deutschland unterstützt und deren Solidarität mit dem Kampf der deutschen Genossen dankbar entgegen genommen. So sind Bindungen entstanden, die bis heute wirksam sind. Von besonderer Bedeutung waren die Aktionen deutscher Kommunisten gegen die Unterstützung der deutschen Bourgeoisie für den Krieg der chine-sischen Reaktion gegen das chinesische Volk, ein Bestandteil der Geschichte der deutschen Arbeiterbe-wegung, den wir nicht vergessen dürfen, besonders auch angesichts der aktuellen Ereignisse.

Ich will einige Bemerkungen zu China machen, da darüber in hiesigen Medien ja so gut wie nichts zu lesen ist, auf alle Fälle wenig Vernünftiges. Im Herbst dieses Jahres findet der 19. Parteitag der KP Chinas statt. Der Generalsekretär des ZK der KPCh, Xi Jinping, hat im Vorfeld schon betont, die Entwicklung in China steht vor einem neuen historischen Startpunkt Der Sozialismus chinesischer Prägung hat ein neues Entwicklungsstadium erreicht. Hauptthema auf dem Parteitag wird sein, den Sozialismus chinesischer Prägung weiter auszugestalten und die weiteren Aufgaben bei der Schaffung eines bescheidenen Wohlstandes für das ganze Volk bis zum 100. Jahrestag der Gründung der KP Chinas (2021) zu formulieren. Auf dem 18. Parteitag 2012 wurde als grundlegendes Ziel der Reformen und Öffnung sowie der sozialistischen Modernisierung die Verbesserung des materiellen und kulturellen Lebens des Volkes formuliert. Es gibt keine Partei, die in einem kapitalistischen Land die Regierung bildet, die die Verbesserung des Lebens des Volkes zum grundlegenden Ziel ihrer Politik erklärt hätte. Das hat aber die KP Chinas getan.

Am 21. und 22. Oktober letzten Jahres fand in Beijing das 7. Forum über den Weltsozialismus statt. Wo findet so etwas schon statt? Veranstalter war die chinesische Akademie für Gesellschaftswis-senschaften. Hauptinhalt war der Austausch von Erkenntnissen und Erfahrungen des Kampfes für den Sozialismus im Weltmaßstab und der Strategie der KP Chinas auf dem sozialistischen Weg.

Genosse Egon Krenz hielt eine viel beachtete Rede auf diesem Forum. Er führte aus: Ich erinnere an ein Wort des von den deutschen Faschisten ermordeten Vorsitzen-den der Kommunistischen Partei Deutschlands, Ernst Thälmann. Er schrieb im April 1927: „Die Augen der ganzen Menschheit sind auf China gerichtet, wo das älteste und größte Kulturvolk der Erde die imperialistischen Fesseln sprengt, in die es ein Jahrhundert lang geschlagen war“. Die Solidarität mit dem chinesischen Volk war stets Bestandteil der Politik des proletarischen Internationalisten Ernst Thälmann. Wenn wir uns ihn heute zum Vorbild nehmen, sollten wir auch an seine solidarische Haltung zum Kampf des chinesischen Volkes denken. Und Egon Krenz fuhr in seiner Rede fort: „Wer wirklich Sozialismus will, kommt an den Erfahrungen des chinesischen Volkes nicht vorbei.“ Das ist proletarischer Internationalismus heute, der besonders auch hier, an diesem Ort, gepflegt wird.

An dem Forum nahmen über 100 Wissenschaftler und Politiker aus 36 Ländern teil. Beachtung fand die Teilnahme von 30 Genossen aus Afrika. Es ist also nicht so, dass der Kampf um den Sozialismus nicht mehr stattfindet, auch wenn er in unseren Breiten ignoriert oder verunstaltet wird.

Kürzlich fand in Hamburg der G 20 – Gipfel statt. Die Protestveranstaltungen waren nicht ohne Pro-bleme. Die Teilnahme von Präsident Xi Jinping, Generalsekretär des ZK der KP Chinas, wurde in die generelle Verurteilung dieser Veranstaltung einbezogen, ohne zu berücksichtigen, dass ein grund-sätzlicher Unterschied zwischen den Teilnehmern bestand. Es ist nicht zu akzeptieren, pauschal von den „umstrittensten Politikern der Welt“ zu reden; oder zu schreiben, das Konzert in der Elbphilha-rmonie hätten die „kritikwürdigen Politiker den Saal als Schuldgruppe“ betreten – auf dem dazuge-hörigen Foto war auch der chinesische Staatspräsident prominent abgebildet. Die VR China wird als autoritär regierter Staat in eine Reihe mit der Türkei und Saudi Arabien gestellt. So etwas gehört nicht in die mit uns verbundene Presse. Gibt es doch auch in westlichen Presseorganen deutliche Einschät-zungen über die Diktatur in der Türkei und über die tief-feudalistischen Verhältnisse in Saudi Arabien. Auch heißt es, Russland und China würden versuchen, die neue Weltordnung zum imperialen Gelände-gewinn zu nutzen, eine andere nicht akzeptable Formulierung. Xi Jinping trat nicht als Repräsentant eines „imperialistischen Zentrums“ auf, sondern als Vertreter einer neuen Gesellschaftsordnung und eines neuen Typs internationaler Beziehungen. Er vertritt die Position: “Alle Länder sollten die Souve-ränität, Würde und territoriale Integrität der anderen respektieren“ – welcher Vertreter eines imperia-listischen Staates hat sich so geäußert?

China ist ein Land, das unter Führung der Kommunistischen Partei sichtbare Erfolge auf dem sozia-listischen Weg errungen hat und weiter erringt. Es ist ein Land, das sich in der Anfangsetappe des Sozialismus befindet. In dieser Etappe gibt es Dinge, die es in der höheren Phase des Sozialismus nicht mehr geben wird – z.B. kapitalistische  Produktionsverhältnisse, die jetzt zugelassen werden, um sich entwickeln zu können und sie damit überhaupt erst abschaffen zu können.
Die VR China ist ein Land, das in der heutigen Welt eine wichtige Rolle als Friedensfaktor, für interna-tionale Stabilität und Prosperität spielt. Welche Probleme damit verbunden sind, erleben wir gerate in diesen Tagen.

Und auch das sei gesagt: in zahlreichen Ländern, insbesondere der dritten Welt, werden die Erfahrun-gen der VR China intensiv studiert, werden Schlussfolgerungen für die Lösung eigener Probleme ge-zogen. Der Generalsekretär des ZK der KP Chinas, Xi Jinping, äußerte vor kurzem: „Die Mitglieder der KP Chinas und das chinesische Volk sind überaus zuversichtlich, der Menschheit bei ihrer Suche nach einer besseren Gesellschaftsordnung chinesische Lösungsvorschläge anzubieten.“
Es ist höchste Zeit für eine realistische Einschätzung der Linken. Es ist vielleicht auch Zeit, wieder zu den marxistischen Begriffen zurückzukehren.

Die Weltsituation hat sich verändert. Die Bipolarität in der Welt hat sich nach den Konterrevolutionen in zahlreichen Ländern aufgelöst. Die Multipolarität ist im Entstehen, hat sich aber noch nicht durchge-setzt. Der Imperialismus betreibt eine Politik der Globalisierung. Die chinesische Politik hat sich der ökonomischen Globalisierung angeschlossen, aber verweigert sich der Globalisierung auf politischem Gebiet. Das würde eine Alleinherrschaft des Imperialismus bedeuten. Der Imperialismus betreibt eine Einkreisungspolitik gegen die VR China. Zu den verschiedensten Gelegenheiten wird von einem mög-lichen militärischen Konflikt mit der VR China gesprochen. Auch die BRD hat kürzlich eine Vereinbarung mit Japan auf wehrtechnischem Gebiet getroffen. Wissen die Herrschaften überhaupt, worüber sie dabei reden?

Der Imperialismus kann nicht mehr machen, was er will.
Ihm werden Grenzen gesetzt. Über die G7 spricht schon kaum noch jemand, die G20 hat nach Ham-burg viel von ihrem Glanz verloren. Der UNO wird wieder mehr zugesprochen. Die wachsende interna-tionale Bedeutung der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und der Gruppe der BRICS-Staa-ten (man diskutiert sogar schon über eine BRICS PLUS) zeigen den alten politischen und militärischen Formationen ihre Grenzen auf. Das geschieht insbesondere auch durch das Projekt der modernen Seidenstraße – leider findet man in unserer Presse dazu sehr wenig. Und ich meine hier vor allem die uns nahe stehende Presse. In dieses Projekt sind bereits etwa 100 Staaten einbezogen, China hat dafür Mittel in Höhe von 100 Milliarden $ bereitgestellt. Zahlreiche Projekte sind bereits in Angriff genommen worden. Die USA oder andere imperialistische Länder haben keine Möglichkeiten, diese Strategie zu verhindern. China dafür eines Imperialismus zu bezichtigen ist blanker Unsinn, ebenso die Epoche ma-chenden Fortschritte Chinas auf wissenschaftlich – technischen Gebiet als imperialistisch zu bezeichnen. Geht es doch um die Erreichung der Spitzenstellung auf dem Gebiet der Arbeitsproduktivität.

Die Rolle der Entwicklungsländer ist deutlich im Wachsen begriffen. Das internationale Gewicht der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit nimmt ständig zu. Die kürzliche Aufnahme von Indien und Pakistan sind ein deutlicher Beweis. Neue Finanzinstitutionen sind entstanden, die die Monopol-stellung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds beenden. Allein die vor allem von China initiierte Asiatische Infrastruktur-Investitions-Bank hat bereits 56 Mitglied-staaten, darunter zahlreiche Mitglieder der EU.

Es ist auch kompletter Unsinn, ein gemeinsames Seekriegsmanöver von Russland und China in der Ostsee als nicht zu akzeptierendes Säbelrasseln zu verurteilen. Was ist denn mit den NATO-Manövern weltweit, mit der Truppenkonzentration an der russischen Grenze?  Wo ist hier die Kritik der „Linken“?

Wir bleiben bei unserer Solidarität mit Ernst Thälmann. Er hat richtig die Zukunft der chinesischen Revolution vorhergesagt. 1927 erklärte er: „Der Kampf in China ist das  Signal für das große Ringen der unterdrückten Völker für ihre Freiheit. … Noch ist der Charakter der chinesischen Revolution nicht der einer proletarischen Revolution, aber die revolutionären Arbeiter und Bauern werden sie zu einer sol-chen steigern. Die Arbeiterschaft der westlichen Länder muss auf der Wacht stehen und sich mit den chinesischen Freiheitskämpfern solidarisch erklären.“ Diese  Forderung ist nicht verjährt. 

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