Leserbrief von Gen. Heinz Bilan an das ND vom 23.11.17

Als ich am 23.11.1949 meinen Dienst in der DVP begann, wusste ich nicht, dass er bis zum 30.04.1990 dauern würde. In dieser Zeit gehörte ich zu den ersten Offizieren der DDR, die an der Moskauer Leninakademie studierten. Im Verlauf eines Unterrichtes an der Minsker Chaussee machten wir Halt am Denkmal Soja Kosmodemjanskajas – sie war im nahegelegenen Dorf Petrischtschewo von vertierter deutscher Soldateska zu Tode gemartert worden. Jahre später durfte ich – inzwischen Verantwortung tragend für eine Division der NVA – die Mutter Sojas, Ljubow Timofejewna, begrüßen. Die Kaserne eines Truppenteils unseres Verbandes erhielt den Ehrennamen dieser sowjetischen Heldin. Das war ein Stück des Traditionsverständnisses der NVA der DDR.

Dem Bericht R. Heiligs über den Entwurf des Traditionserlasses für die Bundeswehr kann ich zustimmen. Bemerken darf ich einige Gedanken. Eine Armee „der Demokratie“ kann es nicht geben, genauso wenig wie es „Demokratie“ schlechthin gibt. Demokratie in unserer Zeit ist entweder bourgeois oder sozialistisch. Die Bundeswehr ist eine bürgerliche Armee, deren Hauptbestimmung der Schutz der Herrschaft der Bourgeoisie ist. Trotzdem ist es erfreulich, dass sie sich – wenn auch halbherzig – vom deutschen Faschismus abgrenzen möchte. Dass sie sich von der NVA eindeutig distanziert ist klar und richtig. Die NVA war in der deutschen Geschichte die einzige Armee, die dem deutschen Volk, dem Frieden verpflichtet war und kein fremdes Territorium in feindlicher Absicht betreten hat. Eine „Armee der Einheit“ hat es nie gegeben. Dieses Ammenmärchen wird auch nicht durch zig Wiederholungen wahr: wer ehrlich in der NVA seinem Volk, dem Sozialismus und dem Frieden gedient hat, möchte ganz sicher nicht von der Bundeswehr vereinnahmt werden. Die faschistische Wehrmacht in die Nähe der NVA der DDR stellen zu wollen, wird immer ein untauglicher Versuch bürgerlicher Propaganda bleiben. Wir ehemaligen Angehörigen der NVA lassen uns unsere Vergangenheit von niemandem beschmutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Und der Bitte um Veröffentlichung

Heinz Bilan

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