Russland und Deutschland sollen bluten

Bedeutende Ereignisse in der Welt können versuchsweise "aus-sich-selbst-heraus" beleuchtet werden. So ein Licht wird eher funzeliges Dämmerlicht sein. Wenn es um Russland, China, die USA oder Indien geht, lohnt sich eine Betrachtung aus globaler Sicht, die zudem die Akteure von ihren jeweiligen Instrumenten, Mitteln und Methoden unterscheidet. Soweit es zumindest um langfristige Interessen und Ziele geht, wird manches dadurch sicht- und verstehbar.

Dennoch bleiben, wie zumindest wir Älteren ja wissen, Ungewissheiten oder wie mal jemand sagte "jähe Wendungen" möglich. Bei mehr als einem Akteur wird es auch immer wieder mindestens Einen geben, dessen Wünsche nicht oder nicht so ganz in Erfüllung gehen. So ist das auch bei dem aktuellen Kuddel-Muddel zwischen den drei ganz Großen. Dabei sind Plätze wie die Ukraine oder Taiwan nur zwei besonders sichtbare und medial herausgehobene Arenen. Heutzutage verlaufen die Auseinandersetzungen nicht minder intensiv auch auf den Feldern der materiellen Wirtschaft, der Finanzen, des Handels und eben der Medien aller Art.

Für unseren hiesigen Bürgerverein in und für KW und unsere Zeitung habe ich den angehängten Beitrag verfasst. Er wird allerdings erst in der Neujahrsausgabe erscheinen. Vorab versende ich den schon mal, falls er einige Minuten der vorweihnachtlichen Zeit wert erscheint.

Wünsche viel Spass beim Lesen. Ansonsten kann er - wie gehabt - gerne in jeder nützlich erscheinenden Weise weiterverbreitet oder veröffentlicht werden. Ob er interessant ist, liegt ja immer beim Leser.

Herzliche Grüße
Lutz Vogt

 

Für die Ziele der USA sollen Russland, die Ukraine und Deutschland bluten.

Seit der Amtsübernahme des neuen US-Präsidenten Biden und seines Teams vor fast einem Jahr sind die Spannung in den Beziehungen zwischen den USA, Russland und China nicht geringer geworden. Das Gegenteil ist der Fall – trotz anderslautender Gipfelerklärungen. Die immer wieder benannten Hauptkrisenherde sind die Ukraine/der Donbass in der Mitte Europas und Taiwan am chinesischen Ufer Eurasiens zum Pazifischen Ozean. Die Dimensionen in denen die drei Riesen denken und miteinander ringen sind global.

Um das 21. Jahrhundert wieder zu einem amerikanischen zu machen, tun die USA das ihnen Mögliche, Russland und China größtmöglich zu schwächen und zu entzweien. Und sie fordern von möglichst vielen Ländern Gefolgschaft für die US-Politik ein. Auch auf das Risiko hin, dass derartige Erklärungen eher Lippenbekenntnisse sind, die unter wirtschaftlichen und politischen Zwängen abgegeben werden. Schiere numerische Masse soll halt auch Eindruck schinden. Schließlich wird es immer genug „Follower“ geben, die getreu die Vorhut in den Untergang stellen. Da kennen sich gerade die deutschen „Eliten“ ja noch bestens mit aus. Koste es, was es wolle.

Notwendige „Frontbegradigungen“ der USA zur Konzentration ihrer Kräfte und Mittel auf die eigenen Schwerpunkte, wollen die USA so durchführen, dass dadurch die größtmöglichen Schäden und Lasten bei Russland und China landen. Einfach abziehen, weil man Positionen nicht mehr halten kann und den Gewinn an seine Gegner fallen zu lassen, ist für die USA keine Option. Die Kriegsgeschichte ist voll an Beispielen einer Strategie der verbrannten Erde. Den Menschen, die dort lebten und leben hinterlässt diese Politik Not, Leid und Elend noch lange, nachdem die Verursacher dieser Leiden abgezogen sind.

In der Ukraine und in der EU gibt es genügend Kräfte, die in ihrer blinden Wut gerne auf Russland einschlagen würden. Andere sogenannte Eliten im Westen Europas scheinen tatsächlich zu glauben, sie würden sich aus eigener Kraft und Antrieb bewegen. Sie sehen und spüren die Fäden nicht mehr an denen sie hängen und gesteuert werden. Die Akteure in und um die Ukraine verfolgen sehr unterschiedliche Ziele. Aus dieser unberechenbaren Gemengelage resultieren zusätzliche Gefahren für die weitere Entwicklung der gesamten Region.

Russland wirbt seit einiger Zeit besonders aktiv und öffentlich für reale, garantierte und nachprüfbare Schritte zum Spannungsabbau in der Mitte des europäischen Kontinents. Genau das liegt nicht nur im Interesse der Völker „fern im Osten“. Man bedenke: Es ist nicht weit von Kiew bis Berlin und München. Die Folgen eines Krieges in der Ukraine – sofern er sich denn überhaupt auf dieses Gebiet eingrenzen ließe – wären in ganz Europa zu spüren. Hunderttausende, wenn nicht Millionen Menschen werden sich im Gefolge eines Waffengangs in und um die Ukraine in Bewegung setzen.

Krieg würde all die begonnenen Programme zur Verbesserung des Lebens der russischen Völker erheblich stören oder für gewisse Zeit zunichtemachen. Krieg ist für Russland und Belorussland zwischen Bug und Wladiwostok das Letzte, was diese Länder brauchen. SIE wollen keinen Krieg – den müssen ihnen andere schon aufzwingen. Das allerdings kann jederzeit und einseitig geschehen, wenn es seine potentiellen Verursacher denn für nützlich und halbwegs risikoarm halten.

Niemand weiß, in welche Richtung sich so ein Krieg entwickeln kann. Zu viele Staaten haben mittlerweile ihre Soldaten in diese Region geschickt. Genau darauf weisen die russischen Spitzenpolitiker wieder und wieder hin – in der Hoffnung, dass sie irgendwer hört. Nur zu schnell kann ein Krieg heutzutage von einem Ende Eurasiens ans andere Ende überspringen. Nichts ist sicher, aber leider fast alles möglich.

Angesichts der bestehenden und wachsenden Risiken fährt Russland gemeinsam mit Weißrussland sozusagen zweigleisig. Sie zeigen allen, die Krieg wollen, um damit eigene politische Interessen zu erzwingen, was sie gegebenenfalls erwartet. Und sie machen den Ernst der Lage öffentlich, mit allem, was sie zur Verfügung haben. Das ist umso nötiger, als die höchsten Vertreter der USA und der NATO neuerdings Russland sogar das Recht absprechen, eigene Interessen klar zu benennen. Im Gegenteil, USA und NATO erklären offen, russische Interessen zu ignorieren.

Die USA machen nun mal als Weltmacht Globalpolitik. Damit sind sie keinesfalls allein. Auch Russland und China denken und handeln global. Einige weitere Staaten tun dies in großem regionalen Maßstab. Sie werden nicht still dasitzen und abwarten, sollte aus dem großen europäischen Bogen von Weißrussland über den Donbass bis auf die russische Krim tatsächlich ein Feuerbogen werden. Auch China macht den USA gegenüber deutlich, dass sie besser die globalen Folgen ihrer regionalen Handlungen vorher bedenken sollten. Ein Krieg in Osteuropa würde China unmissverständlich klarmachen, wozu die USA bereit sind, ihre Vasallen auch im Osten Asiens zu opfern. Schließlich ist China zum erklärten Hauptgegner der USA und des „kollektiven Westens“ aufgestiegen. Dieser Gegner soll mit allen Mittel eingedämmt und bekämpft werden. Am Ende sind es jedoch die USA, die sich entscheiden müssen.

Gerade in Deutschland sollten die weltweiten Folgen scheinbar regionaler Konflikte endlich mit bedacht werden. Wer seine Schiffe ans andere Ende der Welt schickt, und gleichzeitig einer verzwergten Betrachtung der internationalen Entwicklung folgt, handelt sozusagen doppelt verantwortungslos. Vor allem gegenüber dem eigenen Volk – sofern die hiesigen Entscheidungsträger noch eine Vorstellung davon haben. Deutschland wäre in einem erneuten Großkonflikt in Europa wieder einer Hauptleidtragenden. Dabei könnte man sehr wohl aus der Geschichte der letzten 150 Jahre lernen. Zumindest ein Ziel, dass die USA und ihre Partner in London und Paris seit über einem Jahrhundert konsequent verfolgen, wäre durch einen Krieg in und um die Ukraine wieder mal erreicht – die Schwächung Russlands und Deutschlands und die weitere Verhinderung einer gegenseitig nützlichen und langfristigen Zusammenarbeit zum Wohle ihrer Völker. Ein Kelch, der in der Ukraine gefüllt würde, wird nicht an den Deutschen vorbeigehen. Sie müssten diesen bitteren Kelch bis zur Neige leeren. Noch haben es die Deutschen in der Hand, wie es weitergeht. Auch das gehört zum Thema globaler Politik.

Lutz Vogt, 09.12.21

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