Warum das Kriegsgeschrei,
wollen die Russen Krieg mit der Ukraine?

Von Generalmajor a. D. Sebald Daum

 

In den letzten Wochen und Tagen hört man im Fernsehen, ließt man in den Zeitungen von westlichen Politiker aller Ebenen nur noch das Geschrei, die Russen wollen die Ukraine zu überfallen. Da werden Bilder ins Internet gestellt die bezeugen sollen, wie Russland an den Grenzen Truppen zusammen zieht und den Angriff vorbereitet. Es sind aber nur Bilder von übenden Truppen auf Übungsplätzen, oder von Dislozierungsräumen. Da werden Pläne veröffentlicht, das Botschaftspersonal der USA, und anderer Staaten aus Kiew zu evakuieren. Da ruft der Bürgermeister von Charkow die Bevölkerung auf, tapfer die Stadt zu verteidigen, wenn die Okkupanten sie einnehmen wollen. Der Gipfel von Kriegshysterie und diplomatischem Fehlverhalten war der Auftritt des ukrainische Botschafters Melnyk am 25. Januar 2022 im deutschen Fernsehen mit dem Aufruf an die deutschen Bevölkerung deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine zu unterstützen. Diese Kriegshysterie ist mehr als gefährlich, denn so werden Kriege vorbereitet und gemacht und es wächst die Gefahr, dass Kiew damit einen Krieg gegen die Republiken Donbas und Lugansk vorbereitet, um diesen dann Putin in die Schuhe zu schieben.

Alle Erklärungen des Präsidenten der Russischen Föderation, des Außenministers, des Verteidigungsministers und seiner Generäle, nie die Absicht zu haben einen Krieg gegen die Ukraine zu führen, helfen da nichts. Der Generalstabschef der Streitkräfte Gerasimov, der Stellvertretende Minister für Verteidigung Fomin informieren regelmäßig die ausländischen Militärattachés über die Handlungen der russischen Truppen in den Ausbildungshalbjahren. Außerdem berichten die Befehlshaber der Militärbezirke ständig über die geplanten Übungen, Manöver ihrer Truppen. Bekannt sind allen, die es wissen wollen, die Stärke der russischen Armee, ihre Dislozierungsräume, vor allen die im westlichen und südlichen Teil Russlands, ihre Übungsplätze und auch das russische Ausbildungssystem. Die russische Armee ist eine Berufsarmee mit ca 1,01 Millionen aktiven Soldaten und knapp einer Million Zivil diensttuender mit Vertrag und an dieser Größe hat sich ja nichts geändert. Weniger als 1/3 des Unteroffiziers- und Soldatenbestandes sind Wehrpflichtige. Die Armeen der Militärbezirke (MB) sind außerdem auch unterschiedlich aufgefüllt und haben keine Kriegsstärke. So haben z. B. im südlichen MB die 150. MSD der 8. Armee nur zwei MSR, kein Panzerregiment (PR). Die 49. Armee nur Brigadestruktur. Die MSD auch im westliche MB nur zwei MSR. Ohne Mobilmachung und ohne Schaffung einer Angriffsgruppierung, also Bereitstellung der Truppen, getarnt, auseinandergezogen in Bereitstellungsräumen für einen Angriff, unter solchen Bedingungen einen Krieg führen zu wollen, wäre nicht nur mehr als riskant sondern tatsächlich Unsinn. Das wissen auch die westlichen Militärs.

Es hat mich schon seit langem verwundert, dass diese Kriegshysterie nicht auch von höheren westlichen Militärs unterstützt wurde. Sie müssen das ja in erster Linie wissen, dafür sind sie da, haben dafür ihre Organe um das aufzuklären. Dafür haben sie in Moskau ihre Militärattachés die ständig informiert sind, die mit ihren Spionen wissen ob der Russe den Krieg vorbereitet. Da war nichts zu vernehmen, bis der Inspekteur der Bundesmarine, Vizeadmiral Schönbach im kleinen Kreis wohl, „unbedacht“ sagte, dass diese Kriegsabsicht Russlands „Nonsens“ ist. Und wie General a.D. Kujat bestätigte, hat er ja nichts falsches gesagt, sondern nur die Meinung der Amerikaner vertreten, nämlich das es um die Ostukraine und der Krim keinen Krieg geben wird. Das stimmt. Warum sollte auch Russland die Ukraine okkupieren wollen? Was hätte sie davon? Das Land ist seit 20214 politisch und wirtschaftlich kaputt gespielt worden. Die einstige starke Wirtschaft, vor allem die starke Verteidigungsindustrie, gibt es nicht mehr. Die Ostukraine, der Donbas, hat sich durch die falsche Politik der Regierenden als selbstständig erklärt. Die Bevölkerung ist gespalten, arm, sucht sich Arbeit im Ausland und wandert aus. Im Land bestimmen die Nazis, die Nachkommen der Banderas. Das Land wird von der EU und den Amerikaner nur als Drohgebärde gegen Russland am Leben gehalten. Seit 2014 wurden über 17 Milliarden Euro durch Währungsfonds und die EU in das Land gepumpt, um deren Armee aufzubauen im Interesse der NATO, ohne dort Mitglied zu werden. Ein Krieg um die Ukraine wäre also für Russland politisch, ökonomisch und militärisch nur ein Verlust. Politisch würde sich Russland selbst ins Abseits stellen, ökonomisch wäre es mehr als ein Verlustgeschäft, besser gesagt nicht zu bezahlen und militärisch zwar schnell einzunehmen, aber nicht auf Dauer das Land zu gewinnen.   

Betrachten wir doch die Situation mit der Ukraine und die Lage an den Grenzen Russlands real. Die NATO erhöht ihre Manövertätigkeit an den Grenzen Russlands, verstärkt ihre Truppenpräsenz, schickt Schiffe verstärkt ins Schwarze Meer und in die Ostsee, erhöht ihre Aufklärungsflüge an Russlands Grenzen. Baut die ukrainische Armee weiter aus, schickt Spezialeinheiten der NATO ins Land und liefert verstärkt für die ukrainische Armee neue Waffen. Munition und vieles mehr. Wen wundert es da, wenn Russland ihrerseits verstärkt in den Militärbezirken die Truppen zu Ausbildungsmaßnahmen auf ihre Truppenübungsplätze verlegt, Kompanie- und Bataillonsübungen, Alarmüberprüfungen und Truppenverlegungen durchführt. Das können sie, weil wie bereits dargelegt, die Armee eine Berufsarmee ist und ein dementsprechendes Ausbildungssystem dafür hat. Das geschieht aber alles auf ihren eigenen Übungsplätzen und ihrem Territorium und in der Mehrzahl sind da die Truppen mehr als 100 km von der ukrainischen Grenze entfernt. Sie sind nun mal da in ihren Standorten und Übungsplätzen und in diesen Räumen üben sie auch. Wo sollen sie es denn sonst tun? Es ist nun mal ihr eigenes Territorium. Und wen 2/3 der Truppen zweier MB zu Übungen ausrücken, na da sind es schon mal an die 120.000 Mann. Das als einen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze für einen Krieg auszulegen, dass können auch nur Politiker und Unwissende tun.

All diese Tatsachen interessieren aber westliche Politiker nicht. Für sie gilt: Russland will die Ukraine überfallen und basta. Warum verbreiten die Politiker und die ihnen in Treue folgende Kriegspresse, entgegen der Wahrheit diese Kriegshysterie? Warum wird das eigene Volk in solch eine Kriegsvorbereitung getrieben? Dies liegt in der Zielsetzung amerikanischer Politik, Russland und vor allem China als Weltmächte auszuschalten. So wird weiter daran gearbeitet den „Cordon Sanitär“ um Russland zu schließen, wird versucht ein „Regime change“ durchzuführen um damit Russland als kapitalistischen Land zumindest wieder auf die Jelzin Zeit, sozusagen als amerikanische Kolonie, zurückzustufen und in China den Sozialismus zu beseitigen und damit das Land ebenso zu beherrschen. Und deutsche Politiker, wie wie auch andere NATO Politiker folgen in Nibelungentreue den amerikanischen Vorstellungen.
Die Amerikaner und auch ihre Verbündeten in der NATO wissen aber mittlerweile auch, dass ihre Zielstellung mit einem Krieg nicht zu erreichen ist. Dazu haben sich die Zeiten grundlegend verändert. Russland und China bestimmen heute in der Welt mit und wissen auch ihre Interessen zu schützen. Die Kräfteverhältnisse haben sich verändert. Die USA können nicht mehr allein bestimmen, wollen das aber auf keinen Fall anerkennen. Daraus resultieren die Probleme. Durch den technischen Fortschritt hat sich auch das Militärwesen verändert und die moderne Industrie hat Waffen geschaffen, die jeden Punkt der Erde erreichen können. Russische Raketen sind damit eigentlich heute so nahe an Amerika herangerückt, wie zu Zeiten der Kubakrise. Somit wäre im Falle eines Krieges gegen Russland oder China dieser durch die USA und NATO nicht mehr zugewinnen und die Verluste in „Gottes eigenem Land“ wären verheerend. Das hat sich der amerikanische Präsident von seinen Militärs sicher ausrechnen lassen und möglicherweise haben die Gespräche mit Putin ihm dabei geholfen, dass zu begreifen. Also wurde versucht nach alter Erfahrung mit Abschreckung und Reden, Gesprächen, Russland und China hinzuhalten, gute Worte ja, aber keine ernst zu nehmende Verpflichtungen übernehmen. Dieses Rezept kann aber nicht mehr funktionieren. Russland und China geben sich damit nicht mehr zufrieden, machen das Spiel nicht mehr mit, wollen nicht nach den „Werteregeln“ der Amerikaner, sondern nach neuen Regeln miteinander verhandeln und reden. Der russische Präsident Wladimir Putin hat das klar ausgedrückt „unter solchem weiteren Druck, können wir nicht weiter leben“ und verlangt von den USA Sicherheitsgarantien, schriftliche Garantien, um eine weitere Ausdehnung der NATO nach Osten zu unterlassen und ehemalige Staaten der Sowjetunion nicht in die NATO weiter aufzunehmen. Russland will bei Gesprächen nun auch Ergebnisse sehen. Der russische Außenminister Lawrow hat das volkstümlich, aber klar ausgedrückt: „wir haben lange genug angespannt (die Pferde), viel zu viel angespannt – es wird Zeit das gefahren wird“. Dazu wurde der USA und auch der NATO jeweils ein Entwurf eines Vertragswerks für diese Sicherheitsgarantien übergeben. Bei dem Treffen der Außenminister der USA und Russland in Genf hat der amerikanische Außenminister zumindest versprochen, Russland wird auf seine Vorschläge eine Antwort erhalten. Davon werden die weiteren Gespräche und Handlungen Russlands sicher abhängen. Russland und auch China werden sich nicht mehr weiter hinhalten lassen. Sollten die Amerikaner die russischen Vorschläge grundsätzlich ablehnen, wird die Lage sich sicher weiter verschärfen. Hier besteht die Gefahr, dass die USA, entsprechend ihrer Strategie „Mit fremden Händen“, nun verstärkt auf die ukrainische Karte setzen um Russland weiter in schwierige Situationen zu bringen. Die USA selbst, glaube ich, werden versuchen sich raus zuhalten und sicher keine zusätzlichen Truppen in die Ukraine verlegen, auch wenn schon wieder darüber spekuliert wird.

Die Lage ist also ernst. Mit guten Worten allein ist jetzt von Seiten des Westens die Lage nicht zu entspannen. Die USA und die NATO müssen aufhören weiter an den Grenzen Russland zu provozieren, ihre Truppen dort zu verstärken und gefährliche Manöver an den Grenzen Russlands durch zuführen. Die Raketensysteme in Rumänien abbauen und in Polen nicht installieren. Und vor allem aufhören, die Ukraine weiter gegen Russland aufzurüsten. Die Gespräche mit Russland und auch China sollten ergebnisorientiert, auf Augenhöhe, ohne Bevormundungen und Bedingungen ehrlich, mit beiderseitigem Respekt geführt werden. Hier könnte Deutschland einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Beziehungen leisten, wenn sie aufhören amerikanische Interessen gegenüber den Russen zu vertreten. Man sollte sich an dem Ratschlag des Reichskanzlers Bismarck orientieren: Niemals Krieg mit Russland, sondern mit Russland in guter Nachbarschaft leben. Das deutsche Volk will sicher keinen Krieg mit niemanden und schon gar nicht mit Russland. Die Geschichte unserer beider Länder hat uns blutig gelehrt: Von einer Position der Stärke aus mit Russland zu reden hat Deutschland nur Tote, Not und Elend gebracht. Ich glaube jeder Einzelne könnte selbst einiges tun, um unseren Volksvertretern und Politiker diese Lehre beizubringen.

 

               

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