27.06.2022

Liebe Genossen und Freunde,

anbei eine höchst aktuelle marxistische Analyse der Friedensbewegung in Deutschland auch im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. Doris Pumphrey war in den 80er Jahren mit ihrem Mann Kundschafterin der HVA bei den Grünen.
Bitte lesen und unbedingt weiter teilen!

Mit besten Grüßen
Torsten Postrach

 

Die Friedensbewegung am Scheideweg

von Doris Pumphrey, 23. Juni 2022

In den letzten Jahren wurde immer wieder konstatiert und kritisiert, dass die Friedensbewegung schwach sei, nur noch Wenige zu Aktionen kommen. Sie spiele in der öffentlichen Wahrnehmung keine nennenswerte Rolle.

In einem Artikel im Oktober letzten Jahres über die große Friedensdemonstration in Bonn 1981, fragte der Konfliktforscher Dr. Leo Ensel, wo die Aktivisten von damals geblieben seien. „Ob sie denn meinten, sie hätten mit ihrem damaligen Engagement ihr friedenspolitisches Soll für den Rest ihres Lebens abgeleistet ...“

Nein, das meinen sie nicht, denn ein erheblicher Teil von ihnen ist auch heute noch an vorderster Front der Friedensbewegung aktiv. Selbst viele Strukturen der damaligen Friedensbewegung mit ihren engagierten Mitstreitern existieren weiter. Das Problem liegt woanders, aber dazu kommen wir noch.


Wer oder was ist die Friedensbewegung?

Ich muss vorausschicken: Wenn ich in diesem Vortrag von DER Friedensbewegung spreche, dann ist das nur ein verallgemeinernder Begriff, der nicht automatisch alle Teile einschließt, denn die Friedensbewegung ist weder eine Organisation noch ein Bündnis per se. Sie setzt sich aus verschiedenen bundesweiten oder lokalen Organisationen, Gruppen und Netzwerken zusammen, mit z. T. auch unterschiedlichen Schwerpunkten und politischen Sichten. Untereinander werden auf lokaler und bundesweiter Ebene auch Bündnisse geschlossen z. B. für einen gemeinsamen Aufruf oder eine gemeinsame Aktion.

Aktivisten der Friedensbewegung, die aus der Erfahrung der DDR kommen, verstehen oft nicht die Schwierigkeiten und langwierigen Diskussionen, die damit verbunden sind. Zum einen sollten die unterschiedlichen Voraussetzungen nicht vergessen werden: Auf der einen Seite die DDR als sozialistischer Staat, dem Anti-Imperialismus, der Völkerfreundschaft, der Lösung der Probleme auf diplomatischem Weg und dem Frieden verpflichtet. Sie war ein Verbündeter im Friedenskampf der BRD. Auf der anderen Seite die imperialistische BRD im Aggressionsbündnis NATO.

Bei der heterogenen Zusammensetzung der heutigen Friedensbewegung, besteht die Schwierigkeit meist darin, einen Minimalkonsens zu finden, vor allem, wenn ein Bündnis angestrebt wird. Der Konsens ist einfacher, wenn es um Militär- und Rüstungsmaßnahmen geht, die das eigene Land betreffen. Schwierig und manchmal unmöglich wird die Übereinstimmung, wenn es um die Einschätzung von Regierungen jener Länder geht, die ins Visier des NATO-Westens geraten, was die nötige Mobilisierung gegen NATO-Aggressionen beeinflusste.

Grundsätzlich für die Friedensbewegung waren gemeinsame Aktivitäten gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr, vor allem gegen den Afghanistaneinsatz. Die Friedensbewegung als Ganzes nimmt natürlich auch Stellung gegen Militarisierungsbestrebungen der EU, insbesondere gegen die Schaffung einer EU-Armee. Lasst uns zunächst ein Stück in die Geschichte und Probleme der Friedensbewegung zurückgehen:

 

Der Kampf gegen den NATO-Doppelbeschluss

Mit dem NATO-Doppelbeschluss 1979 zur Stationierung der nuklearen US-Erstschlagwaffen, die eine „Enthauptung“ der Sowjetunion und einen auf Europa „begrenzten Atomkrieg“ ermöglichen sollten, begann in der Bundesrepublik eine bisher einzigartige Kampagne der Aufklärung und Mobilisierung, in der ab November 1980 der „Krefelder Appell“ eine zentrale Rolle spielte.

Die NATO-Propaganda stellte die neuen US-Atomraketen als Antwort auf die russischen SS-20 und somit als ihre Rechtfertigung dar. Natürlich gab es Versuche, diese falsche Gleichsetzung auch in der Friedensbewegung durchzusetzen und damit den Kampf auf der Grundlage der Ideologie der Äquidistanz zu führen. In der BRD gelang dies nicht. Mit dem Krefelder Appell war es gelungen, politische und ideologische Meinungsverschiedenheiten der unterschiedlichen Kräfte für einen Minimalkonsens gegen die Stationierung der US-Atomraketen zurückzustellen.

Der Krefelder Appell wurde zum wirkungsvollsten Manifest der bundesdeutschen Friedensbewegung. Gruppen und Persönlichkeiten aus vielen gesellschaftlichen Bereichen unterstützten ihn, berufsbezogene Friedensinitiativen wurden gegründet, in Stadt und Land wurde mit dem Appell aufgeklärt und mobilisiert. Massendemonstrationen und riesige Veranstaltungen der „Künstler für den Frieden“ folgten.

Der Appell wurde von fast fünf Millionen Menschen unterschrieben – und damals gab es kein Internet! Umfragen zeigten, dass sich die große Mehrheit der Bürger der Bundesrepublik, egal welcher Parteipräferenz, gegen die Stationierung der neuen US-Atomraketen aussprach.

Auch wenn die Friedensbewegung am Ende die Zustimmung des Bundestags zum NATO-Doppelbeschluss nicht verhindern konnte – soweit reicht diese parlamentarische Demokratie nicht – die Kampagne hatte die Einstellung vieler Bundesbürger nachhaltig geprägt.

 

„Humanitäre Intervention“/“Regime Change“

Mit dem Zusammenbruch der DDR, der Sowjetunion und des Warschauer Vertrages als Gegenpol zur alten BRD, USA und NATO war dem NATO-Westen der Feind abhandengekommen.

Der US-Imperialismus wähnte sich nun als ewiger Hegemon, dem keine Steine mehr in den Weg gelegt werden konnten, um sich die Welt untertan zu machen und seine Ressourcen und Märkte zu kontrollieren.

Der militärisch-industrielle Komplex benötigte dringend neue politische Spannungen und militärische Einsätze – und die NATO eine Rechtfertigung für ihre weitere Existenz.

Die Zerstörung des blockfreien Staates Jugoslawien war der erste Schritt im US-Plan der Einkreisung Russlands nach dem Ende des Warschauer Vertrages. Mit der 3 völkerrechtswidrigen Bombardierung Jugoslawiens 1999 machte sich die NATO zu ihrem 50. Geburtstag selbst ein Geschenk. Die Bomben auf Belgrad waren auch der Türöffner für deutsche Kriegseinsätze.

War es bei der großen Massenmobilisierung gegen den NATO-Doppelbeschluss um eine neue Aufrüstung gegangen, die in ihrer Auswirkung eine unmittelbare Gefahr für das eigene Land, die eigene Bevölkerung darstellte, so ging es jetzt um Aggression gegen andere Länder.

Dass 2003 der Protest gegen den geplanten Angriff der USA auf den Irak noch ein kurzer Höhepunkt werden sollte, war der Tatsache geschuldet, dass sich die Bundesregierung offiziell gegen den US-Angriff ausgesprochen hatte. Somit mobilisierte praktisch das gesamte politische Spektrum, Gewerkschaften und Kirchen – auch mit Hilfe der Medien – zur Teilnahme an der Demonstration am 15. Februar 2003, als in Berlin 500.000 und weltweit Millionen auf die Straße gingen.

Ein ganz anderes Problem für eine Mobilisierung der Friedensbewegung waren allerdings die mörderischen Sanktionen gegen den Irak und die Regime-Change-Operation gegen die irakische Regierung.

Mit der Aggression gegen Jugoslawien hatte sich die NATO für ihre Einsätze außerhalb des Bündnisgebiets eine neue Rechtfertigung erfunden:

 

Die „humanitäre Intervention“.

Das Konzept war dehnbar und konnte variiert werden – zur „Verteidigung“ von Menschenrechten, Rechten von Frauen oder Minderheiten, zur „Verhinderung eines Völkermords“. Es dient seitdem völkerrechtswidriger Subversion, Regime-Change und Aggression gegen Länder, die sich dem Diktat des NATO-Westens nicht unterordnen wollen.

NATO und EU erklärten sich zur „Westlichen Wertegemeinschaft“, als heilige oberste Instanz, die sich jederzeit über das Völkerrecht hinwegsetzen kann.

Dem Völkerrecht hatte der Westen die „regelbasierte internationale Ordnung“ entgegensetzt. Was damit gemeint ist, beschreibt Volker Perthes, vormals Leiter der regierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im Klartext: „Eine Allianz williger Staaten muss internationale Regeln ersinnen, ohne den Verdacht zu erwecken, dass es dabei um westliche Dominanz geht.“

Das immer gleiche Propaganda-Drehbuch wurde von der NATO oder Teilen der NATO durchgespielt, um die Ruhe an der „Heimatfront“ zu sichern.

Westliche Geheimdienste nutzen soziale Unzufriedenheit aus, schüren potentielle oder latente ethnische oder religiöse Konflikte, unterstützen materiell – auch mit Waffen – oppositionelle Kräfte, um Proteste zu Aufständen auszuweiten, mit dem Ziel, ein entsprechendes Eingreifen seitens der jeweiligen Regierungskräfte zu provozieren.

Deren Gewalt wird dann in aller Breite als Niederschlagung einer „friedlichen Opposition“ dargestellt. Die entsprechende Regierung wird dämonisiert und das Staatsoberhaupt zum „Diktator“, zum „Menschschlächter“ oder „neuen Hitler“ erklärt, gegen den der „Wertewesten“ schließlich mit allen Mitteln – von Sanktionen bis zu Bomben – vorgehen muss, um die sogenannte „Zivilgesellschaft“ zu schützen.

Hinzu kommt die subversive Arbeit ausländischer Stiftungen und angeblicher Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs, englisch: Non-Governmental Organisations), die Oppositionsgruppen in den anvisierten Ländern nicht nur materiell vor Ort unterstützen, sondern die besonders auch als Propaganda-Instrumente zur Rechtfertigung der imperialistischen Aggression fungieren.

Mit einer politischen und medialen Lügen- und Hetz-Kampagne gegen den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević, der sich weigerte, sein Land in die EU und NATO zu führen, wurde die Heimatfront auf den ersten Kampfeinsatz einer deutschen Armee nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Aggressionskrieg vorbereitet.

Dem Grünen-Außenminister Fischer fiel die besondere Rolle zu, den damals noch zu erwartenden Widerstand aus seiner Partei und seitens der Friedensbewegung zu verhindern oder zumindest zu dämpfen.

Was eignet sich da besser als der Rückgriff auf die deutsche Geschichte. Mit seinem „Nie wieder Auschwitz!“ deklarierte ein deutscher Außenminister die Bombardierung Jugoslawiens als antifaschistischen Akt. Das verwirrte und lähmte nicht wenige in ihrem Engagement gegen den Krieg.

Auch die neue NATO-Propagandastrategie von der „humanitären Intervention“ – das Trommelfeuer der NATO-Lügen von Jugoslawien bis Syrien – verfehlte nicht ihre einschüchternde Wirkung auf erhebliche Teile der Friedensbewegung.

Wenn diese die Militäraggressionen kritisierten, wurde zunächst das Distanzierungsritual abgespult, von Milošević bis Assad. Sie wollten damit „glaubwürdig“ sein, aber es waren nur Opportunismus und die Angst, eine unbequeme Position zu beziehen für das Recht aller Nationen, über ihre Staatsform und Regierung selbst zu entscheiden, unabhängig davon, ob ihnen die Regierung eines angegriffenen Landes gefällt oder nicht.

Natürlich gab es in all den Jahren auch Initiativen, Organisationen und Bündnisse, die gegen sogenannte „humanitäre Interventionen“, mörderische Sanktionen und die Regime-Change-Politik Aktionen entwickelten, aber sie blieben im Großen und Ganzen begrenzt.

Dies wird insbesondere in der sehr schwachen Mobilisierung der Friedensbewegung in dem langen völkerrechtswidrigen Krieg gegen Syrien deutlich. Es gab keinen nennenswerten Protest gegen die Anmaßung der Bundesregierung, mit syrischen Oppositionellen im Exil in Berlin den sogenannten „Day After“ zu organisieren – gemeint war die Zeit nach dem Sturz des legitimen syrischen Präsidenten Assad – um sich Einfluss in einem künftigen Syrien zu sichern. Es gibt bis heute kaum Protest aus der Friedensbewegung gegen die mörderische Sanktionspolitik, die den Wiederaufbau erschwert und noch mehr Flüchtlinge schafft.

Obwohl die Vorbereitung von Regime-Change, Subversion und militärischer Aggression gegen Länder, die sich dem Diktat des NATO-Westens nicht unterwerfen, immer nach dem gleichen NATO-Propaganda-Drehbuch verlief, ließen sich Teile der Friedensbewegung jedes Mal neu beeinflussen. Das schwächte die Friedensbewegung als Ganzes – und zwar nachhaltig.

Grundsätzlich für die Friedensbewegung waren gemeinsame Aktivitäten gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr, vor allem gegen den Afghanistaneinsatz. Die Friedensbewegung als Ganzes nimmt natürlich auch Stellung gegen Militarisierungsbestrebungen der EU, insbesondere gegen die Schaffung einer EU-Armee.

 

Atomwaffenverbotsvertrag

Große Teile der Friedensbewegung unterstützen die 2007 lancierte internationale Kampagne zum Atomwaffenverbotsvertrag und fordern den Beitritt der Bundesregierung zu diesem Vertrag. Ein überflüssiges Unterfangen, denn um die US-Atomwaffen in Deutschland loszuwerden, könnte die Bundesregierung auch jederzeit aus der nuklearen Teilhabe aussteigen, was sie natürlich nicht tun wird. Im Gegenteil: In ihrem Regierungsprogramm bekennt sich die Ampelregierung ausdrücklich zum Verbleib der US-Atomwaffen in Deutschland,
Staaten, die weder Atomwaffen haben noch erstreben, können dem Atomwaffenverbotsvertrag natürlich problemlos beitreten. Doch kein Atomwaffenstaat wird ihn in voraussehbarer Zukunft unterschreiben.

Auch wenn Russland natürlich das Ziel einer atomwaffenfreien Welt habe, so könne es dem Vertrag nicht beitreten, erklärte im Oktober 2017 Sergej Lawrow, der Außenminister der Russischen Föderation, da „eine vollständige Denuklearisierung nur im Rahmen der allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter Bedingungen gleicher und unteilbarer Sicherheit für alle Staaten, einschließlich der Nuklearstaaten, möglich ist, wie dies der Atomwaffensperrvertrag festgelegt hat.“

Der Vertrag über das Verbot von Nuklearwaffen hingegen entspreche nicht diesen Grundsätzen und ignoriere die Notwendigkeit, alle Faktoren zu berücksichtigen, die die strategische Stabilität beeinflussen können, und könne sich daher destabilisierend auf das Nichtverbreitungsregime auswirken. Im Ergebnis könne die Welt noch instabiler und unberechenbarer werden.

Die Initiatoren der Kampagne (ICAN) meinen, der Vertrag wirke trotzdem, denn er nehme den Atomwaffen „die Legitimität und diskreditiere den Besitz“. Nur werden Atomwaffen ja nicht moralisch gerechtfertigt, sondern strategisch begründet.

Wie sinnvoll aber ist diese Kampagne der Friedensbewegung von der man – wenn man sich den Realitäten nicht verschließt – doch wissen kann, dass sie keine einzige Atomwaffe beseitigen wird und nur Illusionen und falsche Hoffnungen erzeugt?

Frei nach Tucholsky könnte man sagen: „Es ist so ein beruhigendes Gefühl. Man tut etwas für eine atomwaffenfreie Welt, aber man weiß ganz genau, mit diesem Vertrag kommt sie nicht.“

Solange die internationalen Beziehungen von erheblichen Interessenkonflikten, Gegensätzen und Auseinandersetzungen geprägt sind, wird es keine atomwaffenfreie Welt geben. Ein moralisches Bekenntnis zum Atomwaffenverbot kann keinen Schritt weiterführen – das können nur Verhandlungen zu gegenseitiger Begrenzung, Kontrolle und Abrüstung. Atomare Abrüstung kann nur die Folge aus einem Prozess politischer Entspannung sein.

 

Friedensbewegung und Klima

Wir erinnern uns: Im Jahr 2019 stand die Welt kurz vor dem Untergang. Panik wurde geschürt. Die Greta-Generation werde die letzte sein. „Fridays for Future“ wurde medienwirksam auf die Weltbühne gehievt.

Freitags hüpften Tausende Kinder und Jugendliche, vor allem aus der urbanen gehobenen Mittelklasse – auf den Straßen, um das Klima zu retten – gelobt und gesponsert auf höchster Ebene, von Politikern, Konzernmedien und Finanzkonzernen, von EU und NATO.

Die Klimahysterie ergriff natürlich kaum die wachsende Zahl von Kindern der erwerbstätigen Armen, der Arbeitslosen, der Hartz-IV-Ausgegrenzten, die sich täglich Sorgen machen um ihre pure Existenz. Nicht Kinder und Jugendliche, die hungrig in materiell vernachlässigte öffentliche Schulen gehen und keinerlei Aussicht auf eine würdevolle Zukunft haben.

Teile der Friedensbewegung hatten das Thema „Rettung des Klimas“ aufgegriffen – offenbar in der Hoffnung, junge „Fridays for Future“-Apostel auch für die überalterte Friedensbewegung zu gewinnen. Das Ergebnis hielt sich in Grenzen.

Inzwischen gehört das Thema Klima schon zum allgemeinen Repertoire der Friedensbewegung. Kaum ein Aufruf ohne Erwähnung der Klima-Rettung. Einige Organisationen fordern „Abrüsten“ und „Kriege beenden“, um das Klima zu retten. Die Rüstungsindustrie müsse klimaneutral gemacht werden.

Der Klimawandel werde viele Menschen in die Flucht treiben. Das lenkt so schön ab von der Verarmung afrikanischer Länder durch die imperialistische Ausbeutung ihrer Ressourcen und die EU-Handelsverträge zugunsten europäischer Konzerne.

Eine Friedensbewegung, die den „Kampf fürs Klima“ in ihre Agenda aufnimmt, isoliert sich nicht nur von der Bevölkerungsmehrheit. Wer der Regierungspolitik der „Klimawende“ zustimmt, wird die Masse der werktätigen Menschen gegen sich haben. Denn Millionen von Menschen werden sich eine weitere drastische Senkung ihres Lebensstandards nicht gefallen lassen und Maßnahmen wie die CO2-Steuer, “Frieren gegen Putin”, Betriebsverbote für Verbrennungsmotoren, irrsinnige Spritpreise und nicht mehr bezahlbare Heizkosten etc. auf Dauer nicht widerstandslos hinnehmen. Zumal mit der Entscheidung gegen „russisches“ und für das auf extrem schädliche Weise gewonnene US-amerikanische Fracking-Gas durch die grünen Regierungsmitglieder alle „klimapolitischen Grundsätze“ längst ad acta gelegt sind.

Zudem scheinen viele in der Friedensbewegung nicht zu bedenken, dass Klimapolitik als geopolitische Waffe eingesetzt werden soll: Laut sogenanntem Europäischen Green Deal, sollen die Auswirkungen der Klimapolitik „zu einem integralen Bestandteil der Überlegungen und Maßnahmen der EU in Bezug auf externe Angelegenheiten werden, auch im Kontext der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.“

Im Koalitionsvertrag der deutschen Ampelregierung heißt es, Deutschland trage „Verantwortung für Europa und die Welt“. Eine Nummer kleiner geht es gar nicht mehr. Annalena Baerbock verkündete eine „Klima-Außenpolitik.“ Um das Klima zu retten, müsse Deutschland wieder „voranschreiten und zum Vorreiter“ werden. Klimapolitik sei nicht nur „moderne Wirtschafts-, sondern auch Sicherheitspolitik.“

Mit ihrem Sanktionswahnsinn und dessen Auswirkungen führt die Ampelregierung, insbesondere die Grünen, die ganze Absurdität ihrer Energie-Politik vor. Nun, da Kohlekraftwerke statt russischem Gas Deutschlands Energievorrat retten sollen, wird der „imminente Weltuntergang“ eben ein wenig warten müssen, um erstmal „Russland zu ruinieren“ – so viel „Solidarität mit der Ukraine“ muss schon sein.

Letzten Dezember gab es sogar den Versuch, das Klima zu einem Faktor der internationalen Instabilität zu erklären und den Kampf gegen den Klimawandel in den UNO-Sicherheitsrat einzubringen. Russland sprach sich entschieden gegen die Politisierung des Klimas aus und legte sein Veto ein.

Laut Wassilij Nebenzja, dem russischen UNO-Vertreter, sei dies ein Versuch, „Treibhausgasemissionen sowie die Sonne und den Mond“ für bestimmte Konflikte verantwortlich zu machen. Demnach müsste der UNO-Sicherheitsrat, „der über militärische Interventionen, Sanktionen und den Einsatz von Friedenstruppen entscheidet, bestimmte Konflikte ausschließlich auf Klimafaktoren zurückführen oder Länder mit Klimaproblemen zu Verursachern globaler Bedrohungen erklären.“

Es ist unschwer zu erahnen, dass das Klima, wie schon vorher die „Menschenrechte“ als Waffe eingesetzt werden könnte, gegen Länder, die sich dem Diktat des „klimarettenden“ Westens nicht beugen. Das sollte der Friedensbewegung zu denken geben, wenn sie meint, ihren ureigenen Kampf für Frieden mit dem Kampf zur Rettung des Klimas verbinden zu müssen.

 

Die Friedensbewegung und der USA/NATO-Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine

Destabilisierung im post-sowjetischen Raum durch sogenannte Farbenrevolutionen mit Hilfe von NGOs und die Politik zur Eindämmung Russlands durch die NATO-Osterweiterung charakterisieren die Politik von USA/NATO seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion.

In den letzten Jahren spielten die einseitigen Aufkündigungen von Rüstungskontrollverträgen durch die USA und vor allem die Ausdehnung der NATO nach Osten auf immer mehr Länder sowie deren Aufrüstung und Einbeziehung in NATO-Manöver an Russlands Grenzen natürlich eine besondere Rolle in der Arbeit der Friedensbewegung.

Allerdings war die Friedensbewegung insgesamt ruhig geblieben gegenüber der wachsenden anti-russischen Hetze, die nach dem Beitritt der Krim zur Russischen Föderation 2014 einen ersten Höhepunkt erreichte.

USA/NATO hatten schnell die Völkerrechtskarte gegen Russland aus der untersten Schublade hervorgezogen. Die massiv einsetzende Anti-Putin-Hysterie wirkte einschüchternd und lähmend auf jene in der Friedensbewegung, die Angst hatten, als „Putin-Versteher“ gebrandmarkt zu werden.

In der traditionellen Friedensbewegung spielte zudem die Frage, ob der Beitritt der Krim zur Russischen Föderation vom Völkerrecht gedeckt war, z. T. eine größere Rolle als die Einsicht, dass mit dem Beitritt der Plan der USA vereitelt wurde, aus Sewastopol einen US/NATO-Stützpunkt gegen Russland zu machen, womit eine höchst friedensgefährdende Situation entstanden wäre.

Mit der orchestrierten Anti-Russland-Hysterie wuchs in der Bevölkerung die Sorge um einen Krieg gegen Russland und im Frühjahr 2014 gingen Tausende in vielen Städten zu Mahnwachen für den Frieden. Diese Mahnwachen waren außerhalb und unabhängig der traditionellen Strukturen der bundesdeutschen Friedensbewegung entstanden, die in großen Teilen nur sehr langsam auf das, was sich in der Ukraine zusammenbraute, reagierte.

Die Herrschenden witterten eine Gefahr: Wenn die Mobilisierung der neu entstandenen Mahnwachen für den Frieden zu gemeinsamen Antikriegsaktionen mit der traditionellen Friedensbewegung führt, könnte eine neue, mächtigere Friedensbewegung entstehen. Das musste unter allen Umständen verhindert werden. So wurde eine Kampagne in Gang gesetzt, um die Mahnwachen – eine politisch unerfahrene Bewegung mit z. T. diffusen Vorstellungen – als „rechts“ zu diffamieren.

Wir können davon ausgehen, dass auch die NATO-Geheimdienste aktiv waren, nach dem Muster: Schick ein paar Rechte oder Neonazis in die Nähe einer Bewegung und schon wird sie für Linke „unberührbar“. Da sich die Mahnwachen weder als links noch als rechts definierten, wurden sie als „Querfront“ denunziert. Wie konnte man aber von jüngeren, unerfahrenen Teilnehmern der Mahnwachen erwarten, dass sie sich links einordnen, wenn in einer Linkspartei – deren Führungspersonal sich noch dazu von den Mahnwachen ausdrücklich distanzierte – Transatlantiker führende Rollen spielten und Positionen vertreten wurden wie die von BAK-Shalom?

Statt ihre eigenen Erfahrungen bei den Mahnwachen einzubringen und aufklärend zu wirken, beteiligten sich nicht wenige aus linken und friedenspolitischen Reihen an der Hetze gegen die Mahnwachen. Mit dem verheerenden Ergebnis, dass viele der Mobilisierten sich schließlich zurückzogen, weil sie nicht als „Rechte“ oder „Nazis“ beschimpft werden wollten. Damit wurde eine Chance zur Erweiterung, Verjüngung und Stärkung der Friedensbewegung vergeben – ganz im Interesse der NATO-Kriegstreiber und im Sinne ihrer Ideologen.

Im geostrategischen Kampf der USA gegen Russland spielt die Ukraine eine besondere Rolle. Sie ist für die USA nur Mittel zum Zweck. Mit Hilfe ihrer europäischen NATO-Vasallen wurde die Ukraine systematisch zum faschistisch geprägten Bollwerk gegen Russland aufgebaut. Nach dem von den USA gesponserte Staatsstreich 2014 in Kiew haben die NATO-Verbündeten Zehntausende ukrainische Soldaten trainiert und ausgerüstet. Der Sprecher des Pentagon John Kirby brüstete sich im Mai, dass die USA mit ihren Verbündeten die ukrainische Armee seit acht Jahren mit großem Aufwand für den Krieg vorbereitet hätten.

Der Krieg in der Ukraine begann nicht am 24. Februar 2022, sondern acht Jahre zuvor, als im April 2014 die Truppen des Kiewer Putsch-Regimes mit Hilfe von Nazi-Bataillonen und Rückendeckung des Westens den antifaschistischen Aufstand der russischen 9 Bevölkerung im Donbass angriffen. Obwohl diesem Krieg zirka 14.000 Menschen zum Opfer fielen und rund 1,5 Millionen Menschen vertrieben wurden, fand er hierzulande kaum Beachtung, ganz zu schweigen von Anteilnahme, weder in der Politik noch in den Medien und kaum in der Friedensbewegung.

Das Minsk-II-Abkommen von 2015 zeichnete den politischen Fahrplan vor, um in direkten Verhandlungen zwischen den beiden Parteien den Konflikt friedlich zu lösen. Garantiemächte waren Frankreich Deutschland und Russland. Die Donbass-Republiken waren dazu bereit, doch in den folgenden Jahren sabotierten Kiew, Frankreich und Deutschland systematisch die Umsetzung des Abkommens. Offensichtlich sollte der Krieg weiter eskalieren, vor allem im Interesse der USA. Der ukrainische Präsident Poroschenko, der das Minsk-II-Abkommen unterzeichnet hatte, erklärte vor kurzem, er habe nie vorgehabt, das Abkommen umzusetzen, es diente nur als Ablenkung, um ein starkes Militär aufzubauen.

Im Jahr 2019 hatte die RAND-Corporation, eine dem Pentagon nahestehende Denkfabrik, ein Strategiepapier veröffentlicht mit dem Titel „Russland überdehnen und aus dem Gleichgewicht bringen“ (Overextending and Unbalancing Russia) mit einem Katalog von Maßnahmen zur Schwächung Russlands. Die wichtigste Maßnahme zielte darauf ab, die Ukraine als „die größte externe Verwundbarkeit Russlands auszunutzen“, sie zu bewaffnen und militärisch zu beraten, um einen Konflikt mit Russland zu entfachen.

In einem Bericht der NATO-Denkfabrik Atlantic Council in den USA, heißt es: „Das Ziel Washingtons sollte die Vertreibung der Russen aus der Ostukraine sein.“

Am 24. März 2021 hatte der ukrainische Präsident Selenskij ein Dekret unterschrieben das „für besondere Aufmerksamkeit“ sorgte, wie die Berliner Zeitung berichtete. Es ging um die militärische Wiedereingliederung der Donbass-Republiken und der Krim in den ukrainischen Staat. Die Regierung erhielt den Auftrag, einen entsprechenden „Aktionsplan“ zu entwickeln.

Dazu wurden zum Jahreswechsel zirka 150.000 Soldaten im Osten konzentriert. Laut OSZE intensivierten die Kiewer Truppen im Februar ihre Angriffe auf Wohngebiete im Donbass mit Artilleriegranaten und Raketen massiv. Die Behörden der beiden Donbass-Republiken begannen die Zivilbevölkerung (etwa 100.000) zu evakuieren und nach Russland zu bringen.

Angefeuert und ausgerüstet von den USA, stand ukrainisches Militär mit seinen Nazi-Bataillonen offenbar kurz davor, den Donbass zu überfallen und ihn ethnisch zu säubern. Mit der Anerkennung der beiden Volksrepubliken Donezk und Lugansk als unabhängige Staaten am 21. Februar und den mit ihnen geschlossenen Verträgen über Freundschaft und gegenseitigen Beistand, konnte Russland mit der am 24. Februar folgenden Sonderoperation zur Entnazifizierung und Entmilitarisierung der Ukraine, die Ausführung dieses Plans vereiteln.

 

Der 24. Februar 2022 stellt die Friedensbewegung vor ganz neue Probleme

Die moralische Empörung des „Wertewestens“ – der plötzlich das Völkerrecht unter seinen Stiefeln hervorzog – und die den russischen Präsidenten seit Jahren entmenschlichende Hetze entluden sich in einer beängstigenden Welle kollektiver Medien-Hysterie gegen Russland.

Jene Kräfte, die sich jahrzehntelang bemüht hatten, die eigene Geschichte zu verdrängen, die Stalingrad nie verwinden konnten, waren spürbar erleichtert, vom Befreier befreit zu sein und entsorgten nun endgültig ihre Schuld – froh, ihre Russophobie und ihren Antikommunismus als Friedensfreunde gegen Russland und russische Menschen ausleben zu können.

Und jene Politiker, die mit ihrer blau-gelben Begeisterung und devoten Haltung gegenüber der US-Marionette Selenskij und dem Nazi-Verehrer Melnyk die Operation Barbarossa vergessen machen wollen, maßen sich die Rolle des moralischen Lehrmeisters gegenüber Russland an.

Das Ausmaß selbstgerechter Heuchelei und moralisch aufgeladener Empörung, die in diesem Land hochschwappte, ist beispiellos. Da standen sie nun – in verlogener Erschütterung über den „ersten Krieg in Europa seit 1945“! Das Blut an ihren Händen von den Bomben auf Jugoslawien glaubten sie schon längst abgewaschen und vergessen.

Der Anti-Putin-Tsunami überrollte jedes rationale Nachdenken. „Putin-Versteher“ bereuten und verbeugten sich vor ihren frohlockenden Gegnern, Erklärungen von Linken waren durchtränkt von moralischer Empörung.

Gregor Gysi hatte in einer Brandrede im April 2014 im Bundestag den beängstigenden Einfluss der Faschisten anhand der personellen Besetzung der ukrainischen Regierung und von deren Sicherheitsstrukturen belegt. Nur weil diese Akteure bei den folgenden Wahlen keine hohen politischen Posten mehr innehatten und aufgrund seiner völligen Ignoranz der weiteren Entwicklung in der Ukraine, nicht nur des faschistischen Einflusses auf Politik und Gesellschaft, sondern auch des achtjährigen Krieges, den Kiew gegen die russischsprachige Bevölkerung im Donbass führte, konnte Gysi im Februar 2022 – ohne rot zu werden – erklären: „Russlands Argumente von Genozid und Entnazifizierung sind völliger Blödsinn“ und diese „Behauptung Putins“ mit der USA-Regierungslüge über Massenvernichtungswaffen im Irak vergleichen.

Über den Einfluss der rechtsextremen Nationalisten in der Ukraine schrieb selbst die von der Bundesregierung finanzierte „Stiftung Wissenschaft und Politik“ im Jahr 2019: „Auch wenn rechte und rechtsextreme Parteien bei den Wahlen seit 2014 keine nennenswerten Erfolge erzielen konnten, hat nationalistisches Gedankengut in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung um den Konflikt im Osten (wie auch bei anderen Themen) erheblichen Einfluss. Es gelingt nationalistischen Akteuren immer wieder, die politische Führung zur Anpassung ihrer Politik zu zwingen.“

In seiner Funktion als außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, bot sich Gregor Gysi als Erfüllungsgehilfe der NATO für Regime-Change in Russland an. Per Video und in holprigem, ja peinlichem Russisch rief er am 21. März die Bürger Russlands zum Widerstand gegen Putin auf.

In einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung zwei Tage später ging Gysi noch weiter und erklärte, die russische Bevölkerung „muss sich von Putin trennen, das schaffen wir nicht von außen“. Das stünde „uns“ auch nicht zu. Deshalb habe er sich an die Russen 11 gewandt, damit „sie“ den „Mut haben, das Regime zu beseitigen“. Das müsse von ihnen ausgehen. „Die Aufrüstung Deutschlands schütze zudem nicht vor Putin“, sondern nur wenn „wir“ in Russland „andere Strukturen erreichen.“ In welchem „wir“ denkt und spricht Dr. Gysi? Sieht er sich als Sprecher der NATO in der Linksfraktion?

Man stelle sich vor, der außenpolitische Sprecher einer Duma-Fraktion würde sich an die deutsche Bevölkerung wenden und sie zum Widerstand aufrufen, um das Regime in Deutschland zu beseitigen und andere Strukturen zu schaffen.

Selbst eine ansonsten kühle und rationale Sahra Wagenknecht ließ sich vom Tsunami mitreißen und fragte: „Und natürlich stellt sich die Frage: Wie konnte aus jenem Putin, der noch vor 20 Jahren den Westen geradezu umarmt und die Hand zur Zusammenarbeit ausgestreckt hat, jener Mann werden, der jetzt wild um sich schlägt, nationalistische Töne verbreitet und ohne Rücksicht auf Verluste seine militärische Stärke ausspielt?“ Hatte Sahra denn in den 20 Jahren nicht mitbekommen, dass der Westen auf Putins ausgestreckte Hand nicht nur spuckte, sondern schlug?

Im Reichstag wurde am 27. Februar in der Sondersitzung des Bundestages Andrij Melnyk, der ukrainische Botschafter und Verehrer des Nazi-Kriegsverbrechers und Massenmörders Stjepan Bandera, als Ehrengast mit standing ovations begrüßt – auch von Abgeordneten der Linksfraktion ... Es war der gleiche Tag, der 27. Februar im Jahr 1933, als der Reichstag in Flammen stand, angezündet in einer False-Flag-Operation der Nazis, um in der Folge Tausende Kommunisten zu verhaften.

Ganz ergriffen hörten die Bundestagsabgeordneten dem am 17. März im Reichstag zugeschalteten ukrainischen Präsidenten zu, der ihnen erzählte, Russland wolle das ukrainische Volk vernichten. PR-mäßig war er zum Medienstar aufgepustet worden, der auf Großleinwänden in Europas Hauptstädten Hilfe für den Endsieg gegen Russland fordert. Dem deutschen Kanzler rief er zu „Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die es verdient!“ und beendete seine Rede mit der Parole „Slawa Ukraini!“ der ukrainischen Nazi-Kollaborateure. Da standen sie wieder auf, die Bundestagsabgeordneten, und klatschten langanhaltend.

Es waren beängstigende Szenen. Und dies war erst der Anfang.

Inzwischen haben sich Politiker und Medien in ihrem anti-russischen Wahn gegenseitig hochgeschaukelt. Ihre anfänglichen Sprüche über nötige Verhandlungen haben sie durch Schlachtrufe ersetzt. Der letzte Rest von Zurückhaltung fiel. Jegliches Schuld- und Schamgefühl über die eigene deutsche Geschichte und insbesondere über die Nazi-Verbrechen gegen die Sowjetunion wird durch Selbstgerechtigkeit und moralischen Größenwahn ersetzt.

Der Angriffskrieg Nazideutschlands gegen die Sowjetunion, der 27 Millionen Tote und verbrannte Erde hinterließ, sollte der „Vernichtung der Lebenskraft Russlands“ dienen, wie Hitler es formuliert hatte.

Heute will die deutsche Außenministerin, Annalena Baerbock, „Russland ruinieren“ durch endlose Wirtschaftssanktionen und sie warnt vor einer „Kriegsmüdigkeit“ im erhofften Endkampf gegen Russland.

„Es muss unser Ziel sein, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnt“, mahnte der deutsche Bundeskanzler, Olaf Scholz. Aus sicherer Brüsseler Distanz säuselte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: „Ich habe so viel Bewunderung für unsere tapferen ukrainischen Freunde. Sie führen unseren Krieg.“

Deutsche Außenpolitik hat diplomatische Verständigung durch Belehrungen und Drohungen ersetzt. Besonders fatal: Deutschland leistet sich eine Außenministerin, die sich durch völlige Geschichtsignoranz auszeichnet, der jegliches Gefühl für die Realitäten in dieser Welt fehlt und die angetrieben wird von moralischer Selbstüberhöhung und Sendungsbewusstsein. Deutschland müsse eine noch stärkere Führungsrolle in der EU und der NATO an der Seite der USA übernehmen, ist das Credo der Ampelregierung. Dementsprechend beteuerte der Grüne, Vizekanzler Robert Habeck seinem Herrn und Meister in Washington, dass Deutschland im Kampf gegen Russland eine „dienende Führungsrolle“ spiele. Die sicherheitspolitische Kehrtwende der Bundesregierung wurde in der US-Hauptstadt erfreut zur Kenntnis genommen, berichtete der FOCUS.

Für den Kampf gegen Russland werden die Waffenlager der „westlichen Wertegemeinschaft“ entrümpelt, um sie – zur Freude der Rüstungsindustrie – mit neuwertigen Waffen aufzufüllen. Waffenlieferung an eine Kriegspartei wird nun zur heiligen Pflicht und die Diskussion geht nur noch darum, wie schwer sie denn sein dürfen und wie schnell sie geliefert werden. An der Heimatfront wird die Illusion geschürt, als würden immer mehr Waffen für die Ukraine den ersehnten Endsieg über Russland doch noch bringen. Die Kapitulation Selenskijs wird nur hinausgezögert. Ihm und seinen westlichen Auftraggebern sind Leid und Leben der ukrainischen Bevölkerung nur Mittel zum Zweck.

 

Deutschland im Krieg gegen Russland

Laut Scott Ritter, ehemaliger Offizier für Aufklärung der US-Marineinfanterie, sitzt die CIA im ukrainischen Informationsministerium und kontrolliert, was in Europa erzählt wird. CIA-Direktor William Burns erklärte voll Stolz im US-Senat, dass Putin den Informationskrieg verliert, den die USA gegen Russland führen. Auch seitens der Ukraine wird der Informationskrieg zudem mit dem Einsatz professioneller westlicher Public-Relations-Firmen organisiert.

Im Internet kursiert der bittere Spruch:

Treffen sich zwei Sowjet-Soldaten im Mai 1945 vor dem Berliner Reichstag.
„Was schaust du so geknickt, Kamerad?“ –
„Na ja, wir haben den Informationskrieg gegen Goebbels verloren.“

Das Trommelfeuer der Propaganda im Stil faschistischer Kriegsberichterstattung ist so gleichgeschaltet, massiv und extrem, dass selbst viele, ansonsten kritische Zeitgenossen ihr blind folgen und nicht einmal mehr bereit sind, andere Informationen wenigstens zur Kenntnis zu nehmen. Ein breites Mitläufertum unter sogenannten Aufgeklärten wurde geschaffen. Nur können sie später nicht sagen „Wir haben es nicht wissen können.“ wegen des bisher noch möglichen Zugangs zu anderer Information.

Am 27. Februar wurden binnen weniger Tage Hunderttausende mobilisiert und als neue Friedensbewegung gefeiert. Das ging allerdings nicht ganz so spontan wie man annehmen könnte. Dahinter stand „Campact“ eine sehr professionelle, finanziell gut ausgestattete Massenmobilisierungsmaschine, die seit mehreren Jahren allerlei Unterschriftskampagnen online lanciert und damit inzwischen 2,3 Millionen Adressen gesammelt hat, die sie nun für eine Mobilisierung gegen Putin nutzt.

Für ihre Mobilisierung hatte Campact ein Bündnis geschlossen u. a. mit sogenannten NGOs, mit Gewerkschaften, Umweltverbänden, Kirchen.

Dazu schrieb die junge Welt: „Kaum zu übersehen ist die Doppelmoral vieler Akteure des Bündnisses. So gehören zu den treibenden Kräften hinter der momentanen Mobilisierung der DGB und die Evangelische Kirche in Deutschland – beides Organisationen, die im Frühjahr 1999 den völkerrechtswidrigen Angriff der NATO auf Ex-Jugoslawien voll mitgetragen haben.“

In der traditionellen Friedensbewegung hatten abstrakte pazifistische Parolen schnell Hochkonjunktur: „Die Waffen nieder – Waffenstillstand – den Krieg stoppen!“ Sie waren durchaus NATO-kompatibel, denn von dort ertönten anfänglich dieselben Forderungen an Russland, bis sie gegen Schlachtrufe eingetauscht wurden.

Die Mehrheit der Erklärungen und Aufrufe aus der traditionellen Friedensbewegung begannen gebetsmühlenartig mit der Verurteilung des „völkerrechtswidrigen russischen (wahlweise Putins) Angriffskrieges“. Manche verurteilten ihn „aufs schärfste", „zutiefst“ und mit dem expliziten Zusatz er sei „durch nichts zu rechtfertigen“, oder Putins Begründung seien „Lügen und Propaganda“.

Der Deutsche Freidenkerverband schrieb dazu:
„Von der Regel des Gewaltverbots nach Art. 2 Nr. 4 der UN-Charta gibt es die Ausnahme in Artikel 51: das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung. Nach den Verträgen über Beistand und Freundschaft zwischen Russland und den Donbass-Republiken waren die Bedingungen für die Wahrnehmung des Rechts auf Selbstverteidigung gem. UN-Charta gegeben. Russland führt also keinen ‚Angriffskrieg‘ und es hat auch keinen Krieg ‚begonnen‘, denn es griff in einen schon acht Jahre dauernden Krieg ein, um ihn zu beenden, das Leben der Bewohner des Donbass zu schützen und den barbarischen, mörderischen Nazi-Bataillonen in der Ukraine das Handwerk zu legen.

In den Erklärungen und Aufrufen aus der Friedensbewegung erschienen immer wieder die gleichen Sätze wie aus vorgegeben Textbausteinen. Sie unterscheiden sich kaum von jenen der USA/NATO, die seit Jahren nicht nur das Völkerrecht ausgehöhlt, sondern mit ihrer „regelbasierten Ordnung“ abgeschafft hatten und sich heute in ihrer Verurteilung Russlands ausgerechnet auf das Völkerrecht berufen.

In seiner Rede am 23. Februar erinnerte Putin noch einmal daran, dass die USA und die NATO alle Bemühungen Russlands für eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ukraine und für eine Verständigung über die Nichterweiterung der NATO und die Prinzipien der Sicherheitsordnung in Europa ignoriert hatten. Putin fragte:
„Und was sollen wir jetzt machen? Worauf noch warten? Wir erinnern uns gut, wie 1940 und Anfang 1941 die Sowjetunion auf jede Weise bestrebt war, den Beginn des Krieges zu verhindern oder wenigstens hinauszuzögern. Bis zum letzten Moment haben wir versucht, den potentiellen Aggressor nicht zu provozieren. Deshalb haben wir sogar die allernötigsten und auf der Hand liegenden Verteidigungsmaßnahmen unterlassen oder viel zu spät eingeleitet. Ein zweites Mal werden wir diesen Fehler nicht begehen, wir dürfen es nicht tun.“

Plötzlich sollte diese Erfahrung der Sowjetunion, die für diesen Fehler mit 27 Millionen Menschenleben, unermesslichem Leid und Zerstörung bezahlen musste, offenbar keine Rolle mehr spielen – auch nicht in der deutschen Friedensbewegung?

Viele ältere Linke in Parteien oder der traditionellen Friedensbewegung, für die die Freundschaft mit der Sowjetunion und später mit Russland allein schon aus historischem Bewusstsein wichtig war, waren schockiert, enttäuscht, ihr Vertrauen in Russland war erschüttert. War es doch so einfach gewesen, die Politik eines Russland zu verteidigen, das immer geduldig reagierte, dessen Bemühen um Einsicht seiner „Partner“ endlos schien, und das doch von ihnen nur belogen und betrogen wurde. Man hätte erwarten können, dass sie nach dem 23. Februar erst einmal tief Luft holen und nachdenken, bevor sie wütend ihre Verurteilung Russlands oder Putins wie einen Peitschenhieb loslassen.

Jene in der Friedensbewegung, die so schnell bei der Hand waren, Russland zu verurteilen, sollten die Frage beantworten: Welche konkrete Alternative wäre Russland denn geblieben? Hätte Russland vor der sich ständig zuspitzenden existentiellen Bedrohung kapitulieren sollen?

Zusehen, wie die Ukraine endgültig zum offiziellen NATO-Stützpunkt ausgebaut würde mit der Stationierung von Atomwaffen? Zusehen, wie Washington aus sicherem Abstand weiterhin das ukrainische Regime und seine Faschisten-Bataillone bewaffnet und anleitet, um Russland zu provozieren und die Spannung bis zum nächsten endgültigen Zerreißen aufrechtzuerhalten? Ist es das, was Europa sicherer gemacht hätte? Ist es wirklich das, was die Friedensbewegung bevorzugt hätte?

Wenn Friedensgruppen in ihren Aufrufen und Erklärungen forderten: „Verhandeln jetzt“, hatten sie nicht hingehört, als die russische Regierung mehrmals angekündigt hatte, dass sie die Verweigerung ernsthafter Verhandlungen auf Dauer nicht hinnehmen werde. Hatten sie angenommen, Putin und Lawrow scherzten, als sie die NATO wiederholt davor warnten, die „rote Linie“ nicht zu überschreiten?

Am 17. Februar hatte die russische Regierung in einem Schreiben an die USA/NATO einen letzten Versuch gemacht, um endlich eine ernsthafte Antwort zu den russischen Vertragsentwürfen für gegenseitige Sicherheitsgarantien zu erhalten.

Darin heißt es u. a. ausdrücklich: „Sollte die amerikanische Seite nicht bereit sein, feste, rechtlich verbindliche Garantien zu vereinbaren, um unsere Sicherheit vor den USA und ihren Verbündeten zu gewährleisten, wird Russland gezwungen sein, zu reagieren, auch mit militär-technischen Maßnahmen.“ – Es war wieder umsonst.

Für die Forderung nach Verhandlungen war und ist Russland der falsche Adressat: Das Angebot, ernsthaft und ehrlich zu verhandeln, hat Moskau nie zurückgezogen. Auch die militärische Intervention war von Anfang an mit dem Bemühen Russlands um eine Beendigung des bewaffneten Konflikts in direkten Verhandlungen mit Kiew verbunden. Als die ukrainische Delegation endlich einen konstruktiven Vorschlag vorlegte, auf dessen Grundlage eine Weiterverhandlung mit Moskau möglich gewesen wäre, wurde Kiew von Washington und London zurückgepfiffen. Der Westen sei nicht bereit, mit Russland Frieden zu schließen, hatte Boris Johnson Kiew mitgeteilt, woraufhin Kiew die Verhandlungen mit Moskau beendete. So viel zur „Unabhängigkeit und Souveränität" der Ukraine, die der Westen vorgibt zu verteidigen.

Die Ukraine soll weiterkämpfen bis zum Endsieg über Russland, deshalb benötige die Unterstützung der Ukraine – laut Annalena Baerbock – einen „langen Atem" und immer mehr Waffen. Schließlich müssen „wir alles dafür tun, dass – auch wenn wir erschöpft sind – wir weiterhin die Ukraine verteidigen“ denn dort werde „Frieden und Freiheit für ganz Europa verteidigt“.

Seitdem Selenskijs tägliche Darbietung „die Ukraine gewinnt, gebt uns einfach noch mehr Geld und Waffen“ nicht mehr ganz zieht und Zweifel aufkommen lässt, werden vermehrt Rufe nach Verhandlungen mit Russland laut. Schließlich gilt es für die USA, NATO und EU, „zu retten, was noch zu retten ist“ und eine weitere Hinwendung Russlands zu China zu verhindern. Nach all den Erfahrungen der letzten Jahre muss sich Russland allerdings die Frage stellen, warum es überhaupt noch mit dem NATO-Westen oder seinen Marionetten verhandeln sollte, wenn es sich auf Vereinbarungen mit denen sowieso nicht verlassen kann.

 

Es wird von Krieg mitten in Europa geredet, aber was ist mit dem Faschismus mitten in Europa?

Bekannt ist die wichtige Rolle, die Nazis im von den USA und der EU geförderten Putsch in der Ukraine im Februar 2014 spielten. Seitdem ist ihr Einfluss auf den Staats-, Regierungs- und Sicherheitsapparat gewachsen. Darüber berichteten selbst West-Medien zum Teil ausführlich.

Seit dem Eingreifen Russlands wird hierzulande der Faschismus in der Ukraine völlig geleugnet oder verharmlost, als ginge es nur um ein paar wenige neo-nazistische Organisationen, in einem ansonsten demokratischen Staat.

Die Nazifizierung hat alle Bereiche der Gesellschaft durchdrungen. Diskriminierung der russischsprachigen Bevölkerung, die russische Sprache aus Ämtern, Schulen und dem öffentlichen Leben verdrängt. Die russische Kultur wird ausgelöscht. Dazu sollen nun auch zirka 100 Millionen Bücher der russischen und sowjetischen Literatur aus allen öffentlichen und Schul-Bibliotheken verbannt werden, denn es sei eine „wirklich schädliche Literatur, die die Ansichten der Menschen wirklich beeinflussen kann“, erklärte die Direktorin des Ukrainischen Bücher-Instituts. Nazi- und SS-Kollaborateure werden als Nationalhelden gefeiert, allen voran der Massenmörder Stjepan Bandera. Denkmäler wurden für sie errichtet, Straßen und Plätze nach ihnen benannt.

Die Nazi-Bataillone wurden in die Armee integriert und werden bis heute von westlichen Geheimdiensten und Militärs ausgebildet, bewaffnet und instruiert. Deren Kämpfer verhindern jetzt Evakuierungen von Zivilisten und stellen schwere Waffen in Wohnvierteln auf, um sich menschliche Schutzschilde zu schaffen. Die Mitglieder des faschistischen Asow-Bataillons wurden im Kampf um Mariupol in deutschen Medien als heldenhafte Patrioten gefeiert. Fotos, die ihre mit Nazi-Symbolen tätowierten Körper nach der Gefangennahme im Mai zeigen, wurden für das deutsche Fernsehen ‘rausgeschnitten. Als Selenskij am 7. April im griechischen Parlament live zugeschaltet wurde, gab er – wie selbstverständlich – auch einem Kämpfer des faschistischen Asow-Bataillons die Möglichkeit, sich an die Abgeordneten zu wenden und löste in Griechenland damit heftigen Protest aus.

Als erstes nach dem Putsch wurde in der Ukraine die Kommunistische Partei verboten und schließlich alle Parteien und Organisationen, die sich gegen die Militarisierung und Faschisierung ihres Landes stellten, ebenso wie regierungskritische Zeitungen. Dissidenten wurden und werden verschleppt, gefoltert und ermordet, sogenannte „Russenfreunde“ auf offener Straße gelyncht. Ein Sanitätschef konnte im Fernsehen die Kastration verwundeter russischer Kriegsgefangener anordnen, weil sie „Kakerlaken sind und keine Menschen“ – und ein TV-Moderator in einer Livesendung Adolf Eichmann zitieren und dazu auffordern, russische Kinder zu töten, um Russland zu vernichten. Michail Podoljak, hochrangiger Berater Selenskijs, forderte die „Derussifizierung“ des Donbass.

Für Politiker und Medien hierzulande ist das alles kein Thema, denn für ihre anti-russische Hysterie und bedingungslose Unterstützung der Ukraine brauchen sie den Rückhalt an der Heimatfront. Eine informierte Bevölkerung könnte den gefährden.

„Das Wesen des heutigen ukrainischen Staates ist die Allianz des Großkapitals und der Regierungsbürokratie, die von faschistischen Elementen unter der totalen politischen und finanziellen Kontrolle der USA unterstützt wird,“ schrieb die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF), die größte Oppositionspartei Russlands.

Warum beschweigt ausgerechnet die deutsche Friedensbewegung in ihrer Mehrheit den russophoben Faschismus, der in der Ukraine herrscht? Es ist auffällig, dass man dazu – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nichts in ihren Erklärungen und Aufrufen findet. Was ist das für ein Antifaschismus, den deutsche Friedensaktivisten ständig für sich als Grundlage ihres Handelns reklamieren?

Wenn man im einstimmigen Chor der anti-russischen Verurteilung behauptet, das Einschreiten Russlands sei „durch nichts zu rechtfertigen“ dann verbietet sich natürlich jeder Hinweis auf den ukrainischen Faschismus. Dann muss man verschweigen, dass die ukrainischen Faschisten, die als Speerspitze der USA kurz davorstanden, die Donbass-Republiken und die Krim, also einen Teil der Russischen Föderation, heim ins NATO-Reich zu holen. Sie schweigen – aber nicht, weil sie es „nicht besser wissen konnten.“ Jene, die sich doch so gern mahnend auf die Geschichte Deutschlands beziehen, verstehen offenbar nicht, wie tiefgreifend die Erfahrung mit dem deutschen Faschismus auch heute noch in Russland verankert ist und warum die übergroße Mehrheit der russischen Bevölkerung die Intervention unterstützt.

Natürlich stellen sie sich auch nicht die Frage, welche kollektiven Empfindungen in Russland geweckt werden, wenn nicht nur die deutsche Regierung die faschistische Ukraine im Kampf gegen Russland unterstützt, sondern wenn – wie das in einigen Erklärungen formuliert wird – ausgerechnet aus der deutschen Friedensbewegung zur Desertion und Unterstützung eines Widerstandes gegen die russische Regierung aufgerufen wird. Das kann man nicht mehr als pazifistische Naivität abtun. Das ist ganz im Interesse der USA/NATO und ihrer Geheimdienste.

Für einige ist der Konflikt um die Ukraine lediglich eine inter-imperialistische Auseinandersetzung. So behauptet z. B. die Leiterin des Moskauer Büros der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Kerstin Kaiser, Russland sei „ein genauso aggressiver kapitalistischer Staat wie alle anderen“.

Wenn dem so wäre, dann müssten ja gerade die russischen Großkapitalisten das stärkste Interesse an einem Krieg gegen die Ukraine haben. Dem ist aber nicht so, wie die KPRF klarstellt: Die Russische Oligarchie sei gegen die Militäroperation in der Ukraine gewesen. „Sie strebte danach, in die Weltoligarchie integriert zu werden, und stand bereits unter massivem Druck des Westens, der sie dazu drängte, Druck auf die Regierung auszuüben, um sie zu veranlassen, die pro-westliche Ausrichtung Russlands zu bewahren.“ Die schärfsten Gegner des militärischen Eingreifens Russlands, „waren vor allem das große Monopolkapital, seine politischen Vertreter im liberalen Milieu und ihre ‚kreativen‘ Lakaien in der so genannten Intelligenz.“

Die Kommunistische Partei Simbabwes fragt: „Da Russland nicht mehr sozialistisch ist, ist es akzeptabel, dass an seiner Grenze ein NATO-Stützpunkt von einem von Nazi-Schergen regierten Land errichtet wird?

 

Äquidistanz und Verschleierung versus Aufklärung und konsequente Positionierung

Kurz nach dem von ihnen 2014 unterstützen Staatsstreich in Kiew hatten die NATO-Staaten eine Erhöhung der Aufrüstung auf 2 % ihres Bruttoinlandsprodukts beschlossen, für ihren gemeinsamen Kampf gegen die „russische Bedrohung“. Das gerade von der Bundesregierung beschlossene 100-Milliarden-Euro-Programm sogenannten „Sondervermögens“, soll die Bundeswehr in den kommenden Jahren fit machen – natürlich gegen die „russische Bedrohung“. Große Teile der Friedensbewegung haben nun ein Bündnis geschlossen gegen dieses Rüstungsprogramm mit dem Aufruf NEIN zur Aufrüstung – JA zur zivilen, solidarischen Entwicklung! Dazu soll es Demonstrationen und andere Aktionen geben.

Widerstand gegen derartige Rüstungsausgaben ist natürlich grundsätzlich für eine Friedensbewegung. Über die Höhe der Rüstungsausgaben entscheidet eine Regierung nach ihren politischen Prioritäten. Eine politische Kehrtwende ist die Voraussetzung, um eine andere Prioritätensetzung zu befördern.

Die Ampel-Regierung hat sich dem Kampf der USA/NATO gegen Russland völlig untergeordnet. Die Feindschaft gegen Russland, die sie damit geschaffen hat, bestimmt derzeit das gesamte politische Leben in diesem Land. Kann man andere politische Prioritäten herbeiführen, Abrüstung erreichen, wenn man diese konkrete Politik und Zusammenhänge negiert?

In dem Bündnis-Aufruf heißt es, „das neue globale Wettrüsten der vergangenen Jahre“ habe „die verschärfte Konfrontation der großen Machtblöcke mit verursacht und eskaliert sie weiter.“

Hier ist sie also wieder: die Ideologie der Äquidistanz. Sie wird zur Grundlage des Kampfes gegen das Aufrüstungsprogramm gemacht?!

Die Ideologie der Äquidistanz dient der Vermeidung einer klaren politischen Positionierung, die sehr unbequem werden kann, wenn sie den zulässigen engen Meinungskorridor verlässt. Die Ideologie der Äquidistanz ist nicht nur opportunistisch, sondern dient der Verschleierung von Interessen und Verantwortlichkeiten. Die Schuldigen sind „globales Wettrüsten“ und „große Machtblöcke“.

Nur: Wer hat in den vergangenen Jahren Rüstungskontroll-Verträge einseitig gekündigt und Abrüstungsverhandlungen verweigert? Ist Russland an die Grenzen der NATO gerückt? Wer hat eine friedliche Lösung in der Ukraine verhindert? Wer hat systematisch eine ernsthafte Diskussion geschweige denn einen Vertrag über gegenseitige Sicherheitsgarantien verweigert? Wer hat Diplomatie durch Sanktionen ersetzt? Wer will wen „ruinieren“? Wer hat das Völkerrecht seit 30 Jahren mit Füßen getreten? Wer hat mit Regime-Change-Kriegen Millionen von Menschen getötet, verwundet, in die Flucht getrieben, verbrannte Erde hinterlassen? Wer will das Völkerrecht durch eine „regelbasierte Ordnung“ ersetzen zur Erhaltung der eigenen Hegemonie? Die Liste kann verlängert werden.

Wie will eine Friedensbewegung das Aufrüstungsprogramm bekämpfen, wenn sie nicht nur zu dessen politischer Begründung schweigt, sondern auch dazu, wer damit ins Visier genommen wird?

Da ist die NATO ehrlicher: Sie kündigt ganz offen an:

  • • Die Aufrüstung der Ukraine soll forciert und längerfristig angelegt werden. Die Anpassung der ukrainischen Streitkräfte an NATO-Standards soll die gemeinsame Kriegführung mit dem Westen ermöglichen.
  • • Die NATO-Ostflanke von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer soll hochgerüstet werden mit mehr Truppen, Waffen und Munition.
  • • Mit dem neuen strategischen Konzept wird die NATO ihre Feindschaft und Konfrontation gegen Russland festschreiben und zum ersten Mal auch den Kurs gegen China festlegen.

Es ist die Anti-Russland-Politik, die zur Verschärfung der Konfrontation geführt hat. Die NATO will ihren Konfrontationskurs mit Russland weiter forcieren und ausweiten – auch gegen China. Und die Friedensbewegung will dazu schweigen?

Wie stellt sich die Friedensbewegung eine „solidarische Kultivierung der Gesellschaft“, und „Völkerverständigung“ vor, wie es im Aufruf heißt, wenn sie den von Politikern und Medien systematisch betriebenen faschistoiden Russland-Hass, der heute den gesamten öffentlichen Diskurs beherrscht und vergiftet, nicht einmal erwähnt?

Bei den geplanten Rüstungsausgaben handelt es sich um neue Schulden, die in den kommenden Jahren auch unter einer künftigen Regierung den Banken zurückgezahlt werden müssen. Für die Bevölkerung sind das abstrakte Kosten. Was sie allerdings bereits spürt, sind die steigenden Lebenshaltungskosten und Energiepreise auf Grund der politischen Prioritäten, die EU und Bundesregierung setzen, zuletzt insbesondere mit ihrer „Energiewende“ und durch die Auswirkungen der Corona-Regierungsmaßnahmen.

Und nun schlägt der Sanktionswahnsinn gegen Russland in voller Wucht zurück auf die Lebenshaltungskosten und Energiepreise hierzulande. Die unverantwortliche Politik der Ampelregierung, die „Russland ruinieren“ soll, führt zur wirtschaftlichen Katastrophe, die die Mehrheit der Bevölkerung spüren wird. Warum wird das nicht erwähnt?

In der Friedensbewegung gibt es genug gut informierte Aktive, die die Strategie der USA kennen, die darauf ausgerichtet ist, eine Kooperation Westeuropas – insbesondere Deutschlands – mit Russland zu verhindern und vor allem Konfrontation zwischen den beiden aufrechtzuerhalten, um beide zu schwächen. Für den US-Präsidenten ist das offenbar wie ein spannender Wettkampf, den er im Fernsehen beobachtet: „Ich denke, dass es in einem bestimmten Stadium zum Teil ein Abwarten geben wird – was die Russen aushalten können und was Europa bereit ist auszuhalten.

Wenn der deutsche Vize-Kanzler Habeck stolz ankündigt, Deutschland wolle eine „dienende Führungsrolle“ für die USA spielen, denen es im Kampf gegen Russland und China nur um die Sicherung des eigenen Machterhalts über den Rest der Welt geht, dann wäre die Forderung nach einer von den USA unabhängigen Politik geboten!

Die Verantwortung für die gegenwärtige Situation liegt allein bei den USA und ihrem Gefolge in der NATO, der EU und der Bundesregierung, die alles getan haben, die sich zuspitzende Gefahr eines militärischen Zusammenstoßes noch weiter anzufeuern.

Russland wird diesen Krieg gegen die USA und deren „Diener“ gewinnen. Wie lange das gesamte gleichgeschaltete Lügenkonstrukt im NATO-Westen über Russland, seine Absichten und sein Vorgehen aufrechterhalten werden kann, wird sich zeigen. Natürlich werden sie alles daransetzen, wirkliche Aufklärung zu verhindern. Schließlich sind ihre wichtigsten Instrumente, wie Friedhelm Klinkhammer/Volker Bräutigam es formulierten: „Unterschlagen wesentlicher Informationen, Verschleiern problematischer Fakten, verzerrte Darstellung von Sachzusammenhängen, irreführende Ausdrucksweise per Sprachregelung, Verzicht auf Gegenrecherche, Ignorieren missliebiger Aussagen“.

Politik ist immer interessengeleitet. Wenn es um Krieg und Frieden geht, muss gerade in der Friedenbewegung die Frage gestellt und beantwortet werden: Wer vertritt und verfolgt in der internationalen Auseinandersetzung welche Interessen. Auf der Grundlage der Ideologie der Äquidistanz ist dies nicht möglich.

Auch wenn es Bündnisse schwieriger macht, Friedensbewegung darf nicht verschleiern, sondern muss hinterfragen und aufklären.

Der Kampf der Friedensbewegung wird nicht so bequem weitergehen, wie in den letzten Jahren. Der selbstverschuldete wirtschaftliche Niedergang der westlichen Länder ist unausbleiblich und kann zu großen Unruhen führen. Die staatliche Repression wird auch in Deutschland erheblich zunehmen. Internationale Auseinandersetzungen werden sich weiter zuspitzen, insbesondre auch durch US-Provokationen gegen China.

Die unipolare Weltordnung mit den USA an der Spitze ist im Niedergang. Mit ihren Vasallen versuchen sie mit allen Mitteln, den zu verhindern. Das zeigt auch der Druck, den sie auf alle Staaten ausüben, die sich der Sanktionspolitik und Feindschaft gegen Russland nicht anschließen.

Nicht Russland ist isoliert, das sich gemeinsam mit China für die Entstehung einer multipolaren Weltordnung einsetzt, sondern die USA, NATO und EU sind es. Immer mehr Länder mit der Mehrheit der Weltbevölkerung wollen die westliche Arroganz, Bevormundung und Aggression nicht länger hinnehmen und wenden sich Russland und China zu. Die „westliche Wertegemeinschaft“ hat sich mit ihrer Doppelmoral vor der Welt endgültig entblößt.

Sie kann den Niedergang der US-Hegemonie, die auf Verbrechen gegen die Menschheit beruht, hinauszögern, aber das Entstehen einer multipolaren, demokratischen Weltordnung nicht verhindern. Dafür muss das Völkerrecht erst weltweit und für alle zur Geltung gebracht werden.

Es geht um den Kampf: US-Hegemonie versus multipolare Weltordnung

Auch die Friedensbewegung wird sich früher oder später für eine konsequente Positionierung entscheiden müssen.

 

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