07.09.2022

 

Wohin soll denn die Reise gehen

 

In der nächsten Ausgabe der Zeitung unseres Bürgervereins, die im gesamten Norden des Landkreises Dahme-Spreewald verteilt wird, wird es wie immer einen etwas "überregionalen" Beitrag geben. Eben jenen findet Ihr im Anhang.

Anlass ist die Überlegung, dass sich die Gesellschaften in Deutschland und weit darüber hinaus, auf einem sehr gefährlichen Weg befinden. Ohne Ziel, das für alle (oder wenigsten die meisten) eine Hoffnung bietet, für die sich auch beschwerliche Wege lohnen. Am Ende landen wir natürlich wieder bei der ("langweiligen") Wirtschaft und dem sozialen Zusammenleben der Menschen.
Denn, wie die meisten Leser noch auf der 1. Seite des von Dr. Marx verfassten Manifestes lesen konnten, muss der Mensch erst essen und trinken, sich kleiden und eine Unterkunft haben, bevor er sich mit Politik befassen kann. Oder wie Brecht (sehr moralisierend) sagte: erstkommt das Fressen, dann kommt die Moral.

Und wie sonst sollte es sein. Gerade jetzt wird für immer mehr Menschen offensichtlich, dass die größte Gefahr nicht vom Klima oder irgendwelchen Viren oder Bakterien ausgeht. Das haben Menschen seit Jahrtausenden immer in den Griff gekriegt.

Die Hauptgefahr geht von Politiker und deren seit Jahrzehnten praktizierter Politik aus, die die Arbeit der Mehrzahl der Menschen wieder zunichte macht. Nicht irgendwann, sondern jetzt.

Deshalb ist es so nötig, gerade jetzt wieder mal daran zu erinnern, worum es wirklich geht und was man alternativ tun könnte. Das erfordert nichtmal eine der oft gefürchteten Revolutionen. Nur weiter auf den Händen sitzen, wird nicht länger gut gehn. DESHALB schreiben wir auf unserer bescheidenen kommunal-regionalen Ebene darüber.

Vielleicht, ist es ja vielleicht lesenswert. Falls nicht - einfach löschen.

Gruß
Lutz Vogt


Wohin soll denn die Reise gehn …?

Der Refrain dieses Kinderliedes aus der DDR beantwortete die Frage mit: „Wo wir den bunten Sommer sehn …“. Das vermittelte Optimismus und Vorfreude auf eine schöne und gute Zeit.

Diese Hoffnung zu vermitteln war bisher stets Aufgabe der Politiker. Wollten diese Leute, so wie beeidigt, Land und Volk dienen, mussten Ziele formuliert werden, die Menschen Hoffnung auf ein besseres Leben vermittelten und motivierten, dafür auch hart zu arbeiten.

Nach den Zerstörungen des 2. Weltkrieges war diese Politik durchaus erfolgreich. Den meisten Menschen ging es zunehmend besser und sie schufen eine Welt, in der ihre Kinder auf diesem erfolgreichen Weg weitergehen konnten.

In einer viel beachteten Rede am 16. Juli 2022 hat der ehemalige britische Premier, Tony Blair, zwei große „Projekte“ nach dem 2. Weltkrieg und deren Hauptmotive benannt. 1945 war dies nach seinen Worten der Aufbau eines Wohlfahrtstaates, der Aufbau moderner Infrastrukturen, eines Gesundheitswesens und eines Bildungswesens für die „breite Masse der Menschen“, die vorher von diesen Systemen weitgehend ausgeschlossen waren.

Ab 1980 machte Blair als großes Politikprojet in der westlichen Welt den Umbau der Gesellschaft zugunsten der „Märkte und privaten Unternehmen“ aus, der zur Begrenzung einer überbordenden und lähmenden staatlichen Bürokratie führte. Dadurch seien Lebensstandard und Realeinkommen in den folgenden Jahrzehnten erneut für die meisten Menschen gestiegen.

Und wo endeten diese Reisen? Blair beschreibt die aktuelle Lage mit Stagnation, dem Kampf um grundlegende Lebensbedürfnisse und Inflation. Die aktuelle Politik (wohl eher die aktuellen Politiker) machte dies alles nur noch schlimmer statt besser. Laut Blair wirken die heute im Westen agierenden Politiker nach innen dysfunktional und nach außen unberechenbar.

Diese Bewertung durch Tony Blair erleben Millionen Menschen tagtäglich selbst und für sie ist Blairs Einschätzung nichts Neues. Sie haben nicht die Hoffnung, dass sich ihre Lage in naher Zukunft zum Besseren wenden könnte. Egal, was sie tun. Da ist wenig Hoffnung, aber umso mehr Fatalismus und zunehmend Verzweiflung.

Wie also weiter? Ab dieser Stelle zeigt auch Blair, dasselbe Verhalten, wie die meisten seiner Kollegen in Politik und Medien – er wirkt orientierungs- oder zumindest konzeptlos. Seine Empfehlungen wiederholen nur das, was wir „anderen“ täglich von Politik und Medien hören, lesen und sehen. Kostensenkung und Kampf gegen den Klimawandel nach Innen und Kampf gegen China und Russland nach außen. Das soll zu Hoffnung und Optimismus motivieren? Wirklich?

Umgesetzt wird dieses aktuelle „Projekt“ der laut Blair „westlichen Demokratien“ nach innen mit der täglichen Dosis Angst. Vor dem Klimawandel im Allgemeinen, Warnungen vor Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen, vor Hungersnöten und Migrationswellen, vor aktuellen und/oder neuen Epidemien, hustenden Nachbarn, vor Frost und demnächst anstehenden „Wohlstandsverlusten“ durch von Putin abgedrehte Gashähne und selbst abgedrehte Ölhähne. Natürlich ist täglich vor Russland/dem Russen/Putin oder China/dem Chinesen/Xi zu warnen. Diese kleine Auswahl an „Politikprojekten“ kann ganz individuell gemixt und erweitert werden. Man bedenke: Angst lähmt, sie motiviert nicht, für eine düstere Zukunft zu arbeiten.

Im Rückblick mögen die aktuellen Politiker, ihre Analysten und Medien ja zu einer gewissen Klarsichtigkeit in der Lage sein. Nur, was ist mit der Zukunft? Wohin soll denn die Reise nun gehen? Ganz gleich was sich da kurzfristig noch entwickeln mag – irgendwann MUSS ein neues Politikprojekt her. Eines, das Hoffnung gibt und zu erneuten Anstrengungen für eine bessere Zukunft. Wie wäre es denn damit, zur Abwechslung mal nichts zu „modernisieren“, zu „beschleunigen“, zu „erleichtern“, zu „beschützen“ oder zu „verbessern“. Diese Begriffe, in etlichen deutschen Gesetzen gelten vielen Menschen mittlerweile als Warnsignale, dass es weiter bergab geht oder sie ihre Gürtel noch enger schnallen sollen.

Wie wäre es denn mit der Besinnung auf Projekte, mit denen unsere Eltern und Großeltern einen zerstörten und ruinierten Kontinent wiederaufgebaut haben? Wie wäre es denn mit dem Wiederaufbau eines modernen, bezahlbaren und für alle erreichbaren Gesundheits- und Pflege- Systems, eines qualifizierten Bildungssystems von den Kitas bis zu den Unis; mit Einrichtungen, die modern und sauber sind für alle? Wie wäre es mit einer modernen und leistungsfähigen industriellen Infrastruktur – mit flächendeckendem und bezahlbarem und sicheren ÖPNV, mit modernen, sauberen und sicheren Bahnen, mit zuverlässiger und bezahlbarer Energieversorgung aus verschiedensten und zukunftssicheren Quellen? Wie wäre es denn mit einer leistungsfähigen Land- und Nahrungsgüterwirtschaft, die die Natur (auch die Tiere in den Ställen) schont und gesunde, für alle bezahlbare Nahrungsgüter herstellt?

Etliche dieser Dinge funktionierten doch früher auch (selbst, wenn sich viele Jüngere daran nicht mehr erinnern oder „zu spät“ geboren wurden). Wäre es nicht der Mühe wert, aus diesen Dingen, die die Menschen täglich bewegen, ein politisches Projekt in großem Maßstab zu machen und dafür zur arbeiten?

Lutz Vogt, 03.09.22  

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