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- Zum 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie
von Admiral a.D. Theodor Hoffmann
Viel später als von Stalin erwünscht, begann am 6. Juni 1944 die größte Seelandungs-operation der Militärgeschichte – „Overlord“. Mit ihr wurde die zweite Front auf dem europäischen Festland eröffnet.
Die Teheraner Konferenz
Die endgültige Übereinkunft über die Durchführung dieser Operation wurde während der Teheraner Konferenz ( 28.11. – 01.12.1943 ) der Regierungschefs der Sowjetunion, der USA und Großbritanniens erreicht. Das Erzielen einer Übereinkunft war nicht einfach. Der Premierminister Großbritanniens, Winston Churchill, favorisierte eine Landung auf dem Balkan. Doch der Präsident der USA, Franklin Roosevelt, unterstützte die Position Josef Stalins zur Eröffnung der zweiten Front an der Westküste Frankreichs. Der Zeitraum der Operation wurde auf Anfang Mai 1944 festgelegt. Zugleich war auch eine Landung im Süden Frankreichs geplant.
Stalin sicherte seinen Bündnispartnern zu, dass die UdSSR im gleichen Zeitraum an verschiedenen Frontabschnitten eine Großoffensive beginnen wird, um die deutschen Divisionen an der Ostfront zu binden und der Operation „Overlord“ keine Schwierigkeiten zu bereiten. Während der Konferenz gab Stalin auch die Zusage, dass sich die Sowjetunion nach dem Sieg über Deutschland an der Zerschlagung der japanischen Aggressoren beteiligen wird.
Die Beschlüsse von Teheran waren von entscheidender Bedeutung für ein baldiges Kriegs-ende in Europa.
Die Operation „Overlord“
Die Operation „Overlord“ hatte das Ziel, die Meerenge La Mansche zu forcieren, einen Strategischen Brückenkopf an der Nordwestküste von Frankreich zu bilden und den Angriff der Alliierten Streitkräfte in Richtung deutsche Grenze zu entwickeln. Hauptbestandteil der Operation „Overlord“ war eine Seelandung mit der Bezeichnung „Neptun“.
Die Landungsoperation sah vor:
Für die Durchführung der Operation waren auf den Inseln Großbritanniens bereitgestellt:
Das Gemeinsame Oberkommando wurde vom amerikanischn General Eisenhower geführt, die an der Landungsoperation beteiligten Landstreitkräfte von britischen General Mont-gomery.
Zur Landungsabwehr standen bereit:
Die Kampffähigkeit der Divisionen war unzureichend: 33 Divisionen waren stationär, sie besaßen kaum Kraftfahrzeuge, 18 Divisionen wurden erst aufgestellt. Die meisten der 9 Panzerdivisionen hatten nur 90 – 130 Panzer. Die im Westen stationierte 3. Luftflotte besaß noch 160 Flugzeuge. Die im Ärmelkanal und in der Straße von Dover stationierten Seestreitkräfte verfügten über 5 Zerstörer, 6 Minenleger, 116 Küstenschutzboote, 309 Räumboote, 34 Schnellboote und eine reihe kleinerer Fahrzeuge.
Die Landungsabwehr an der nordfranzösischen Küste bestand aus einem System von Stützpunkten, von denen die meisten keine Verbindungen untereinander zur Koordinierung des Feuers besaßen. Küstenabschnitte, an den eine Landung als wahrscheinlich angesehen wurde, waren vermint oder mit Drahtsperren, Drahtigeln, Fallen und lenkbaren Spreng-ladungen gesichert. Fest installierte Pionieranlagen gab es nur an einzelnen Abschnitten. Auf Grund der absoluten Luftherrschaft der Alliierten war den Deutschen eine effektive Luftaufklärung nicht möglich. Man nahm an, die Anlandung würde über die Straße von Dover erfolgen. Im tatsächlichen Gebiet der Anlandung befanden sich lediglich drei deutsche Divisionen.
Die Vorbereitung der Truppen auf die Landung
Das quantitative Kräfteverhältnis der Bodentruppen betrug etwa 2.5 : 1 zugunsten der Aliierten, das qualitative Kräfteverhältnis war weitaus höher. Die absolute Luft- und See-herrschaft, eine grundlegende Voraussetzung für eine erfolgreiche Seelandung, waren gewährleistet. In Vorbereitung auf die Landungsoperation wurde der Bereitstellung der Mittel für die Anlandung, dem Training des Personalbestandes, der Organisation des Zusammen-wirkens der teilnehmenden Kräfte der Land-, Luft- und Seestreitkräfte höchstes Augenmerk geschenkt. Alle Elemente der Landungsoperation wurden in Planspielen gründlich durch-gearbeitet. Große Bedeutung wurde der Geheimhaltung und der Täuschung des Gegners beigemessen.
Die Anlandung
Am Morgen des 5. Juni 1944 liefen die Transporter aus den Beladungspunkten mit 287.000 Landungstruppen verschiedener Waffengattungen aus. Während der Überfahrt der Lan-dungskräfte führten die Luftstreitkräfte massierte Schläge auf die Landungsabwehr. Allein auf die zehn Hauptbatterien der Deutschen warfen 1.140 Bomber ca. 5.000 t Bomben ab. In den Morgenstunden des 6. Juni erfolgte nochmals ein Einsatz von 1.100 Flugzeugen. Zur Täuschung des Gegeners wurden auch Küstenabschnitte bombardiert, die nicht für die Anlandung vorgesehen waren.
Am Morgen des 6.Juni begann das Aussetzen der ersten Seelandungstruppen. Kurz nach Mitternacht begann das Absetzen der Luftlandetruppen, an dem 2.400 Flugzeuge und 850 Lastensegler beteiligt waren. Unterstützt von Luftwaffe und schwerer Schiffsartillerie drängten sie die Truppen der Landungsabwehr zurück und schufen drei Landungs-köpfe/Brückenköpfe mit einer Tiefe von 2 – 9 km. An der Küste der Normandie konzen-trierten sich in den ersten Tagen der Landung die Kräfte von fünf Infanterie- und drei Luftlandedivisionen mit:
Zur schnellen Verstärkung und Versorgung der angelandeten Truppen wurden zwei künstliche Häfen angelegt. Sie wurden jedoch durch stürmisches Wetter teilweise beschädigt.
Am 7. Und 8. Juni erfolgte eine Verstärkung der angelandeten Truppen auf 16 Divisionen und Panzern im Umfang von drei Panzerdivisionen. Die Kräfte der Landungsoperation hatten nunmehr einen Bestand von
Damit konnten die Landungstruppen zu Angriff übergehen.
Das deutsche Oberkommando, das davon ausgegangen war, dass der Hauptschlag über die Straße von Dover geführt wird, hatte dort bedeutende Kräfte konzentriert. Es konnte die im Gebiet der Anlandung handelnden Divisionen, die sich hartnäckig verteidigten und große Verluste erlitten hatten, nicht rechtzeitig verstärken.
Von der Ostfront konnten keine Truppen abgezogen werden. Entsprechend den Verein-barungen von Teheran hatten die sowjetischen Streitkräfte in Belorussland mit einer Großoffensive begonnen. Unter diesen Bedingungen konnten die Alliierten Truppen ihren Brückenkopf erfolreich ausbauen. Er hatte am 25. Juni eine Breite von etwa 100 km und eine Tiefe von 50 km. Das war zwar nur die Hälfte der geplanten Größe, gestattete jedoch die erfolgreiche Fortführung des Angriffs.
Mit der Schaffung dieses strategischen Brückenkopfes war das Ziel der Seelandungs-operation erreicht.
Die Handlungen der angelandeten Truppen wurden in Weiteren begünstigt:
Der erstmalige Einsatz der als Wunderwaffe gepriesenen V1 am 13. Juni 1944 konnte den Verlauf der Operation nicht mehr ändern.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Als Fazit kann festgestellt werden: Die in der Normandie durchgeführte Seelandungs-operation war die größte Operation ihrer Art in der Militärgeschichte. Sie leistete einen großen Beitrag zum Sieg über den Hitlerfaschismus und zur schnelleren Beendigung des Krieges, an dem die Sowjetunion unbestreitbar den Hauptanteil hat. Die Bereitstellung der Kräfte für die Seelandungsoperation in der relatv kurzen Zeit von einem halben Jahr war eine große ökonomische und logistische Leistung. Die militärische Leistung bei der Vorbereitung und Durchführung der Operation „Overlord“ verdient eine hohe Wertschätzung. Die Geheimhaltung der Vorbereitung der Operation, das Überraschungsmoment hinsichtlich Ort und Zeit der Anlandung waren gewährleistet, ein hohes Tempo der Anlandung und die zügige Verstärkung der angelandeten Truppen waren sichergestellt. Das Zusammenwirken und die Führung der Land-, Luft- und Seestreitkräfte waren gut organisiert.
Was kann man für die Gegenwart mitnehmen?
Wichtiger Ausgangspunkt für die erfolgreiche Durchführung der Operation war das Übereinkommen der drei Regierungschefs unterschiedlicher Gesellschaftssysteme und ihr eiserner Wille zur Lösung der schwierigsten Aufgabe in der damaligen Zeit.
Quellennachweis:
Churchill: Der zweite Weltkrieg (russische Ausgabe)
Der zweite Weltkrieg 1939 – 1945 Kurze Geschichte
Sowjetische Militärenzyklopädie