Offener Brief an Herrn Werner Schulz,
Mitglied des Europäischen Parlaments, Fraktion GRÜNE/EFA
Herr Schulz,
es ist nicht nur erstaunlich sondern im hohen Maße erschreckend, mit welcher demagogischen Dreistigkeit Sie sich im Treptower Park vor dem Hintergrund des Sowjetischen Ehrenmals zum 8. Mai äußern. Haben Sie und das ZDF diese Kulisse bewusst gewählt? Vermutlich ja. Für mich sind Ihre in der „Berlin direkt“-Sendung vom 3. Mai 2015 gemachten Äußerungen beschämend und eine Schande für ein angeblich demokratisches, friedliebendes Deutschland. Ich darf Sie kurz zitieren:
„Wir könnten gemeinsam das Ende des Krieges feiern, wenn Russland einen anderen Präsidenten hätte und nicht einen Putin, der ein notorischer Lügner und Kriegstreiber ist.“
Wladimir Putin – Lügner und Kriegstreiber? Da haben Sie sicherlich etwas verwechselt. Bestimmt meinten Sie die amerikanischen Präsidenten, die verantwortlich zeichnen für die in der Zeit nach 1945 vom Zaun gebrochenen Kriege. Erinnert sei an Korea, Vietnam, Irak, Afghanistan und andere von der CIA initiierten bewaffneten Konflikte und Putsche. Immer waren es Lügen der jeweils amtierenden amerikanischen Präsidenten, die der Weltöffentlichkeit die Notwendigkeit des militärischen Eingreifens glaubhaft machen sollten. Und auch das gehört zur Wahrheit: Politiker wie Sie haben sich nie (!) dagegen aufgelehnt. Jetzt, da die USA aus geostrategischen Gründen (Durchsetzung ihrer eigenen nationalen Interessen) Russland als ihren Erzfeind ausgemacht haben, lässt sich Europa (gemeint sind die EU und ihre Politiker) durch die USA in eine Konfrontation mit Russland treiben, deren Folgen für „Otto Normalverbraucher“ nur schwach zu erahnen sind. Die von den USA und den europäischen Staaten gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen werden keine Langzeitwirkung haben. Sie werden schon mittelfristig genau diese europäischen Staaten wie ein Bumerang schwer treffen. Die lachenden Dritten sind in diesem Fall mal wieder die USA. Bravo, gut gemacht Herr Schulz und Kollegen. Wie sollen die gegenwärtigen Konflikte in der Welt – ob in Syrien oder in der Ukraine – mit friedlichen Mittel gelöst werden, wenn man Russland von vornherein als Bösewicht brandmarkt und vom Prozess der Konfliktlösung ausschließt? Das wird wohl ein Geheimnis der so genannten G-7 bleiben.
Abgesehen von den beleidigenden Worte, die Sie gegenüber dem Staatsoberhaupt Russlands, eines souveränen Landes, in aller Öffentlichkeit aussprechen, tragen Sie mit Ihren Äußerungen dazu bei, das auf Bestreben der USA zwischen Russland und der EU entstandene gespannte Verhältnis weiter anzuheizen. Das finde ich widerlich und arrogant, weshalb ich diese offenen Brief an Sie richte, ohne die Erwartung zu haben, hiermit bei Ihnen einen Denkanstoß hervorzurufen.
Ihnen kommt nicht einmal in den Sinn von der Befreiung Europas vom deutschen Faschismus zu sprechen. Nein, es ist eben nur mal so eben das Ende des Krieges, den Hitler-Deutschland auch noch verloren hat. Denken Sie einfach mal darüber nach, wie Europa wohl heute aussehen würde, wenn die Sowjetunion den 2. Weltkrieg für sich mit Erreichen ihrer Außengrenzen als beendet angesehen hätte und Länder wie Polen, Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Jugoslawien und die Tschechoslowakei sowie der östlichen Teil Deutschlands nicht von der faschistischen Barbarei befreit worden wären. Deshalb sprechen wir von der Befreiung Europas, die das Ende des 2. Weltkrieges mit der totalen militärischen Niederlage Nazi-Deutschlands zur Folge hatte.
Bei Anerkennung des Beitrages der westlichen Alliierten, ist und bleibt es eine objektive Tatsache, dass die Sowjetunion und die Rote Armee die Hauptlast bei der endgültigen militärischen Zerschlagung des menschenverachtenden Hitler-Regimes trugen.
27 Millionen Bürger der Sowjetunion, davon 13 Millionen Soldaten und Offiziere der Roten Armee, 72.000 zerstörte Dörfer und Städte sowie 6 Millionen in Schutt und Asche gebombte Gebäude fielen den faschistischen Barbaren zu Opfer. Wer das verschweigt oder ignoriert, belügt und verfälscht die Geschichte.
Für das heutige Deutschland erwächst aus dem verbrecherischen Krieg gegen die Sowjetunion eine besondere Verantwortung, der kein deutscher oder EU-Politiker auch nur annähernd gerecht wird. Wer diese heutige Verantwortung missachtet, möge sich die Dokumentation „Die 900 Tage von Leningrad“ anschauen und daraus Schlussfolgerungen für die Politik und den Umgang mit Russland und seinem Präsidenten ableiten.
Warum nimmt die NATO entgegen aller Versprechungen von 1990 Russland immer mehr in die Zange? Was haben NATO-Soldaten – auch Soldaten der deutschen Bundeswehr – an Russlands westlicher, nördlicher, südlicher Außengrenze zu suchen? Natürlich, Schutz der Mitgliedsstaaten vor dem „blutrünstigen sibirischen Bären“. Wer diesem demagogischen Unsinn (Lügen) Glauben schenkt, wird eines Tages aus seinem Delirium böse erwachen.
Warum geht kein Aufschrei durch alle im EU-Parlament vertretenen Parteien, wenn im ukrainischen Lwiw (Lemberg) oder im lettischen Riga ehemalige Angehörige der Waffen-SS, die an zahlreichen Kriegsverbrechen beteiligt waren, und ihre Nachkommen mit wehenden Fahnen und zum Teil in SS-Uniformen mit allen nazistischen Orden und Ehrenzeichen durch ihre Städte paradieren? Das soll bei den Menschen in Russland und vor allem beim russischen Präsidenten keine Besorgnis hervorrufen? Denken Sie, die Russen haben den 22. Juni 1941 schon vergessen? Wie sagte doch Bert Brecht: „Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“. Wie wahr, wie wahr!
Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Dieser heilige Schwur aus den Maitagen des Jahres 1945 sollte in der heutigen Zeit das alles bestimmende parteiübergreifende Credo sein. Politisch motivierte Hasstiraden, gegen wen und was auch immer, führen letztlich in eine Sackgasse, an deren Ende eine ungeahnte Katastrophe auf uns wartet. Die Verantwortung genau das zu verhindern tragen Sie und ihre Kollegen in den nationalen und im EU-Parlament.
70 Jahre nach dem Sieg der Roten Armee über den deutschen Faschismus wird Russland und seine Armee durch die Westmächte, allen voran die USA (mit treuer deutscher Gefolgschaft) beschimpft und beleidigt, als Gefahr für den Weltfrieden dargestellt und eine widerliche antirussische Kampagne geführt. Parallelen zu Entwicklungen in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts sind nicht zu übersehen. Ihr gestriger Auftritt im ZDF ist ein „glanzloses“ Beispiel dafür.
Ich bin nicht nur ein Versteher Russlands und seines Präsidenten, nein, ich bin ein Freund Russlands. Und das ist gut so.
Manfred Ramm, Havelberg (DE – Sachsen-Anhalt)
P.S.
Ich grüße alle „Schlapphüte“ von BND und NSA, die diese Post aus dem Netz filtern. Jungs, macht weiter so, der totale Überwachungsstaat ist in greifbarer Nähe und wird es euch danken.