12.10.2025
Hans Kahle – Offizier und Internationalist
Am 7. Oktober 1975 erhielt das MSR-27 in Schwerin Stern-Buchholz den verpflichtenden Ehrennahmen „Hans Kahle“. Der 50. Jahrestag dieses Ereignisses war der Regionalgruppe Schwerin „Hans Kahle“ Anlass zu einer Feierstunde im Trendhotel in Banzkow.
Über 60 Mitglieder und Gäste der Veranstaltung begrüßten das Fahnenkommando.
Wir konnten drei neue Mitglieder in unseren Reihen willkommen heißen.
In seinem Vortrag schilderte Major a.D. Reinhard Parchmann den Ausbau des Objektes in Stern-Buchholz von einem Unterkunftsprovisorium in einer ehemaligen Munitionsanstalt am Rande Schwerins zu einer Kaserne mit einer für die NVA Maßstäbe setzenden Ausbildungsbasis zum Beginn der 1970 Jahre.
Im Weiteren ließ er den Weg vom IR-27 zum MSR-27 und die weitere Entwicklung des Regiments bis zur Namensverleihung am 1975 Revue passieren. Der Bogen spannte sich von der ersten Übung des Regimentes über Höhepunkte wie die Teilnahme am Manöver „Oder/Neiße“ 1969 in der VR Polen und am Manöver „Waffenbrüderschaft 70“ im Folgejahr. Parallel dazu ging er auf die waffentechnische Entwicklung im Regiment ein, verwies auf die zusätzlichen Anstrengungen, die sich aus dem Einsatz in der Volkswirtschaft ergaben.
1973 erhielt das MSR-27 als erstes Regiment der NVA den Schützenpanzer BMP-1 und präsentierte im Folgejahr seine Ausbildungsbasis dem Stab des Vereinten Oberkommandos des Warschauer Vertrages.
Eine Würdigung der Leistungen aller Soldaten, Unteroffiziere, Fähnriche, Offiziere und Zivilbeschäftigten war am 7. Oktober 1975 die Verleihung des Ehrennamens „Hans Kahle“ an das Regiment. Auf einem feierlichen Appell hefte der Chef des Stabes des Kdo. MB V Generalmajor Walter Krysmann die Fahnenschleife an die Truppenfahne.
Der dritte Teil des Vortrages würdigte das Leben Hans Kahles (1899 - 1947). Er kam aus bürgerlichen Verhältnissen und wurde nach dem Besuch der Hauptkadettenanstalt in Lichterfelde Fähnrich und Leutnant des preußischen Heeres. Während seines Einsatzes an der Westfront geriet er 1918 in französische Gefangenschaft, aus der er nach zwei Jahren zurückkehrte. 1921 – 26 arbeitete er als kaufmännischer Angestellter in Mexiko. Seit 1928 Mitglied der KPD betätigte er sich in den Folgejahren als Journalist. Seine Emigration führte ihn ab 1933 über die Schweiz nach Frankreich. Von 1936 bis 1938 kämpfte er, gleich anderen ca. 3 000 Deutschen, für die Verteidigung der spanischen Republik. Seine Militärischen- und Sprachkenntnisse befähigten ihn, das Kommando über ein Bataillon, eine Brigade, eine Division und zeitweise über eine Front zu übernehmen. Mit dem Dienstgrad eines Oberstleutnants war er neben Wilhelm Zaisser „General Gómez“ der einflussreichste deutsche Offizier in der republikanischen Armee.
Ludwig Renn, sein Stabschef in der XI. Brigade und andere Kampfgefährten schildern ihren Kommandeur als warmherzigen und furchtlosen Vorgesetzten. Seinen Gefechtsstand ließ er oft in vorderster Front einrichten, um sich den notwendigen Überblick zu verschaffen. In scheinbar ausweglosen Situationen behielt er einen klaren Kopf. Der Schriftsteller Ernest Hemingway setzte H. Kahle ein literarisches Denkmal, indem er ihn zum Charakter des republikanischen Offiziers in seinem Buch „Wem die Stunde schlägt“ machte.
Nach 1938 ging H. Kahle über Frankreich nach Großbritannien ins Exil, wo er journalistisch und politisch tätig wurde.
Im Februar 1946 kehrte er nach Deutschland zurück. Trotz seines angegriffenen Gesundheitszustandes stellte er sich sofort der KPD zur Verfügung.
Am 17. März 1946 wurde er zum Chef der neugeschaffenen Volkspolizei im Land Mecklenburg ernannt und im April 1946 Mitglied des Landesvorstandes der SED.
Am 22. August 1947 musste er sich einer schweren Magenoperation unterziehen, die er nicht überlebte. Er starb am 1. September 1947 mit 48 Jahren in Ludwigslust.
Nach 1990 wurde der Name Hans Kahle aus dem öffentlichen Leben getilgt, Schulen und andere Einrichtungen, eine Straße in Schwerin und das Schweriner Arsenal tragen nicht mehr seinen Namen. Ein klarer Hinweis auf das Geschichtsverständnis der Regierenden.
Nach dem Vortrag berichteten die beiden ehemaligen Regimentskommandeure Generalmajor a.D. Manfred Jonischkies und Oberst a.D. Knut Thein über weitere Episoden der Geschichte des Truppenteils.
Nach dem Mittagessen entführte uns Dr. Walter Katzung mit seinem Vortrag „Von mysteriösen Todesfällen und Giftmorden“ in die Welt der Geheimdienste. Er zeigte auf, wie schmal der Grat zwischen Stimulanz des menschlichen Körpers und Vergiftung bei der Anwendung natürlicher und synthetischer Drogen sein kann.
Anschließend wurden aktive Mitglieder der Regionalgruppe ausgezeichnet, u.a. Ernst Marquardt mit der Ehrenurkunde des Vorstandes. Der Sprecher des Ältestenrates Generalmajor a.D. M. Jonischkies dankte anschließend in bewegenden Worten dem Mitbegründer und langjährigen Leiter der Regionalgruppe Major a.D. Rainer Paskowsky für sein engagiertes Wirken im Interesse unseres Verbandes und der Schweriner Regionalgruppe.
Als letzter Punkt unseres Tagesprogrammes stand die Neuwahl der Leitung der Regionalgruppe an. Nach dem Berichten des Leiters der Regionalgruppe Major a.D. R. Paskowsky und des Kassenwartes OSL a.D. Wolfgang Wendelmuth konnte der alte Vorstand entlastet werden. Zum neuen Leiter der RG Schwerin „Hans Kahle“ wurde Silvio Pfeffer gewählt. Herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg!
Major a.D. Reinhard Parchmann
Regionalgruppe Schwerin „Hans Kahle“