„Ich bin der Hendrik und wie heißt Du?“

oder besser: der Admiral ist Schuld
von Offiziersschüler i.T. Paul Franke

 

Paul Franke 01.03.2020 vorm Karl Liebknecht Ehrenmal in Stralsund

… genau das waren die ersten Worte die Vizeadmiral a.D. Hendrik Born mit mir in den späten Abendstunden mit einem Glas Wodka in der Hand wechselte. Aber mit diesen Worten und dem anschließenden kameradschaftlichen, fast freundschaftlichen Gespräch sollte sich vieles in meinem Leben ändern.

Paul Franke Vizeadmiral Hendrik Born und ich am 28.02.2020 vor der Fahne der Korporativen Gruppe

Zuvor:
Am Abend des 28.02.2020 - einem Freitag - fand eine Buchvorstellungs - Gesprächsrunde mit dem Admiral im ehem. Gebäude der MHO auf dem Gelände der Offiziershochschule „Karl Liebknecht“ der Volksmarine anlässlich des 64. Jahrestages der Gründung der NVA statt. Da erzählte der letzte Chef der VM aus der Zeit als er so alt war wie ich, dort an der OHS studierte und Seebeine bekam. Durch und mit unserer Korporativen Gruppe „Soldaten für den Frieden“ hatte ich die vergangenen Jahre schon an mehreren Veranstaltungen teilgenommen und fühlte mich hier wohl, ja die Gruppe gab mir auch den Halt, der mir in der Berufsausbildung und privat manchmal fehlte. Aber erst mal weiter mit dem Abend.
Nach der offiziellen Veranstaltung half ich auf Bitten vom „frischgebackenen“ Kapitänleutnant i.T. Silvio Pfeffer, VA Born und ihm beim Aufräumen der Gaststätte und Heimtragen des Equipments der Veranstaltung. Danach blieb ich zum Umtrunk, bei der mir der Admiral die oben genannte Frage stellte und mit der dann, die Veränderungen begannen. Im Laufe des Gesprächs kam mir die Unterhaltung weniger wie mit einem „fernen Admiral“ als wie mit einem großväterlichen Freund vor, zumal Hendrik auch brennend wissen wollte, wie man mit 20 auf die Idee kommt, als Reenactor die Uniform einer Armee zu tragen, welche es seit 30 Jahren nicht mehr gibt.
Kritisch wurde er dann, als ich ihm erklärte, dass es bei der Berufsausbildung nicht so gut liefe und mein Berufstraum, mal Triebwagenführer zu werden, in weite Ferne rückte.

Vizeadmiral Born schaute mich lange sehr ernst an, blickte dann zu KL Pfeffer und stellte - keinen Widerspruch duldend - fest: „Silvio, da sollte doch was zu machen sein!“. Die Antwort in der Art von „Zu Befehl“, nahm ich eher im Unterbewusstsein wahr, denn ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass hier eine Entscheidung für mein weiteres Leben gefällt wurde, die - wie bereits oben bemerkt - keinen Widerspruch duldete; auch von mir nicht.
Weder bei der Verabschiedung noch am Rest des Wochenendes ahnte jemand wie die Dinge ihren Lauf nehmen würden, leider kann auch der Admiral „die Früchte seines Befehls“ nicht mehr begutachten, aber es änderte sich sehr viel.

Eingeleitet durch die dann im März 2020 pandemiebedingte völlige Schul- und Ausbildungsschliessung und die damit einhergehende Abschottung der Bundesländer „befahl“ mich Silvio Pfeffer nach Neustadt-Glewe in die leerstehende Ferienwohnung und es begann eine andere Zeit des Lernens und der häuslichen Berufsausbildung. KL Pfeffer setzte alles in Bewegung, dass er und ich an Aufgaben kamen, mit denen wir üben konnten. Das dabei sogar der befreundete Referent der damaligen Justizministerin eingeschaltet werden musste, um über den Schulsenat von Berlin an die Berufsschulleiterin zu kommen, hatte ihm wohl sogar Spaß gemacht.
Ebenso waren die IHK und die Handwerkskammer in Schwerin sehr hilfsbereit.

Paul Franke während des Lernens und Übens auf dem „Dachboden der NVA“ in Neustadt-Glewe an einem fertig montierten Übungsgestell

Eigentlich kann man sagen, man stellte mein Leben auf den Kopf, schlug mir Strukturen dazu vor und integrierte mich in ein relativ ausgefülltes System von Arbeit, Freizeit und gesellschaftlichem Leben, das ich bislang so nicht kannte und dass mir manchmal - auch heute noch - in den Abläufen schwer fällt einzuhalten.

Paul Franke Tandemsprung in Neustadt-Glewe, eine Übung um den „Kopf frei zu kriegen“

 

Paul Franke Anfang 09/2021 im MHM Sofia während der Besichtigung und Begutachtung der neu gestalteten Ausstellungen

Nach dem Umzug von Potsdam nach Berlin, was mir täglich fasst 2 Stunden Arbeitsweg ersparte und und der Negativerfahrung einer durchgefallenen Abschlussprüfung- weil die Defizite aus den vergangenen Jahren einfach nicht so schnell ausgebügelt werden konnten - konnte im Februar 2021 dann die Berufsausbildung, durch eine Verbesserung der Prüfungsergebnisse um über das Doppelte von 31 auf 68 Prozent, beendet und der Start in meinen Wunschberuf als Triebwagenführer bei der S- Bahn Berlin verwirklicht werden.
Der tägliche Spruch „üben - ist das ständige Wiederholen mit dem Streben nach Verbesserung“ setzt sich auch heute noch fort. Jeden Tag wird am Abend per Videochat geübt und am Wochenende werden handwerkliche Anforderungen an mich gestellt, aber es wird mir auch gezeigt, was es heißt zu leben. Aus einem streng formulierten Wunsch des Admirals wurde eine Freundschaft in der Lernen, Arbeiten und die Forderung nach Leistung im Vordergrund stehen, aber die sich dadurch ergebenden Möglichkeiten des Genießens der „Früchte der Arbeit“ - wie Urlaubsziele im In- und Ausland und das Kennenlernen von neuen Freunden und Freuden - sind auch sehr erstrebenswert.

Paul Franke vor einer 481 der Linie S42 der S-Bahn Berlin GmbH

2/3 der weiterführenden Ausbildung sind geschafft; und ich weiß, dass man das wirkliche Arbeiten erst bei der dann anschließenden Arbeit mit S-Bahn lernen wird, aber ich kann zuversichtlich in die Zukunft blicken, und nur das zählt.

Das gemeinsame Foto mit Vizeadmiral Born hängt über meinem Schreibtisch und ermahnt mich täglich an den Befehl und meine Aufgaben. Sicher ist, dass ich meinen Traum und Hendricks Wünsche mit allen mir gegebenen Möglichkeiten erfüllen werde. Erinnern tut mich dies alles immer wieder an die Erzählungen über Patenschaften, welche es zu DDR- und damit NVA - Zeiten gegeben haben soll; und zeigt bis heute, dass vieles was man von damals her kennt, wohl doch nicht das Schlechteste war und ist. Das ich heute die Sätze hier schreibe, ist aber auch ein Zeugnis von Dankbarkeit für das, was andere auf sich genommen haben und das ich versuche, offen mit meinem ADS und meinen Problemen umzugehen.

Paul Franke nachdem ich 18 Monate in Potsdam wohnte, beim Besuch des Parks vom Schloss „ohne Sorge“

 

 

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