Technische Dienste der Politorgane in der NVA Teil I
3. Kapitel

Sportversorgung des Massen-, Nachwuchs- und Leistungssports der ASV Vorwärts

Autor: Frank Weber

 

1. Geschichtliches
Die Hauptverwaltung Ausbildung (HVA) des Ministeriums des Inneren (MdI) gründete 1950 in Leipzig eine eigene Sportvereinigung (SV), die SV Vorwärts der HVA Leipzig. Die HV-See rief in Parow die SV Sturmvogel ins Leben. Im Zuge des Aufbaues der KVP wurde im Jahr 1951 die SV Vorwärts der HVA in SV Vorwärts KVP umbenannt und im August 1953 die SV Sturmvogel angegliedert.
Mit Gründung der NVA erfolgte 1956 die Armeesportvereinigung (ASV) Vorwärts. Die ASV trat dem Deutschen Turn- und Sportbund der DDR bei. In ausgewählten Standorten der NVA wurden Armeesportgemeinschaften (ASG) bzw. Armeesportklubs (ASK) gebildet und zu Leitungszentren entwickelt. Als Mitglied des DTSB war sie für die Förderung der Weiterentwicklung von Körperkultur und Sport unter den Armeeangehörigen verantwortlich. Im Auftrage des Präsidiums führte das Komitee der ASV die laufenden Arbeiten aus, hatte die Rechte und Pflichten eines Bezirksvorstandes des DTSB und selbstständig. Der Sportbetrieb war immer darauf gerichtet die Verteidigungsbereitschaft durch Sportarbeit zu erhöhen. In vielen Dienststellen waren Trainingsstützpunkte oder Trainingszentren vertreten die die Sportgemeinschaften, Sportabteilungen, Sportgruppen und Sektionen unterhielten. Eine der wichtigsten Aufgaben dieser Stützpunkte war die Nachwuchsförderung. Am Ende des Jahres 1972 wurde eine Konzentration einzelner Sportarten, zur Herausbildung von Hochleistungskadern abgeschlossen. Eine weiter Aufgabe bestand in der sportlich anspruchsvollen Absicherung des zyklisch durchgeführten Turn- und Sportfesten des DTSB. Eine ebenfalls zyklische Aufgabe des ASV Vorwärts bestand in der erfolgreichen Vertretung der NVA und damit der DDR bei militärischen Leistungsvergleichen im Warschauer Vertrag.

2. Grundsätzlich
In der NVA wurde zwischen Dienst-, Freizeit/Massen- und Leistungssport unterschieden. Der Dienstsport war Bestandteil des Programms zur physischen Ausbildung und wurde während der Ausbildungs- und Dienstzeit planmäßig durchgeführt. Die erforderliche Ausstattung war Bestandteil der Uniform eines jeden Armeeangehörigen und wurde vom Bekleidungs- und Ausrüstungsdienstes bereitgestellt. Der Freizeit/Massensport wurde grundsätzlich außerhalb der Dienstzeit auf freiwilligen Basis sporadisch oder organisiert durchgeführt. Dazu konnte jeder Angehörige der NVA die Sporteinrichtungen des Objektes bzw. Standortes organisiert benutzen. Die Einrichtungen wurden in der Regel von der Armeesportgemeinschaft bereitgestellt. Da jeder Armeeangehörige Mitglied der ASG war konnten die Einrichtungen von allen genutzt werden. Die Ausstattung wurde mit Normativen des Komitee der ASV geplant und über den Unterkunftsdienst bereitgestellt. Zum Nachwuchs- und Leistungssport des ASV wurden Trainingsstützpunkte und Trainingszentren entsprechend den Vorgaben des Sportkomitee an Schwerpunktstandorten ausgebaut und betrieben. An diesen Zentren wurden talentierte und leistungsstarke Armeeangehörige, aber auch ausgewählte zivile Sportler gefördert und ausgebildet. Diese stellten die Basis für den Leistungssportsektors des ASV Vorwärts dar. Ende 1972 wurde zur Steigerung der Effektivität die Verantwortlichkeit des Massen-, Nachwuchs- und Leistungssports dem Chef der Politischen Hauptverwaltung übertragen. Nach einer Reihe von organisatorischen Änderung wurde das Komitee der ASV dem Chef der PHV unterstellt und die Übernahme der Planung und Versorgung der ASK und ASG den Technischen Diensten der Politorgane übertragen. Damit wurde eine finanzielle und materielle Trennung des Dienstsports und dem Massen-, Nachwuchs- sowie Leistungssports der ASV vollzogen.

3. Organisationen der ASV Vorwärts
Die Armeesportvereinigung Vorwärts wurde auf Basis des demokratischen Zentralismus als Massenorganisation gegründet.
Alle Leitungen wurden von Mitgliedern gewählt und waren der Mitgliederversammlung, bzw. über 200 wahlberechtigten Mitgliedern der Delegiertenkonferenz, rechenschaftspflichtig. Den Mitgliedern der Leitungen wurden Aufgaben für bestimmte Funktionsbereiche (Komitee-Arbeit) übertragen. Die Komitees arbeiteten auf der Grundlage von Jahres-, Quartals- und Monatsplänen während ihrer Wahlperiode.
Die Sportgemeinschaften waren die Zentren des sportlichen Lebens und konnten nach Zustimmung des Komitees Armeesportgemeinschaften bilden.
Die Basis einer Sportgemeinschaft waren Truppenteile, Einrichtungen, Stäbe der Kommandos, Verbände, Lehreinrichtungen, selbstständige Dienststellen, Betriebe, Standorte, Wehrbezirkskommandos und Erholungsheime. Die Mitgliederversammlung/Delegiertenkonferenzen waren das höchste Organ der Sportgemeinschaften und führten in der Regel zwei Mitgliederversammlungen bzw. Aktivtagungen zur Beratung und Beschlussfassung durch und mussten aller 3 Jahre neu auf einer Berichtswahlversammlung/Delegiertenkonferenzen gewählt werden. Zusätzlich waren eine Revisionskommision und Delegierte zur nächst höheren Delegiertenkonferenz zu wählen. In Sportgemeinschaften konnten Sportabteilungen, Sportgruppen und Sektionen gebildet werden. Die Leitungen der Sportabteilungen waren aller 3 Jahre und die Sportgruppe jährlich zu wählen.Halbjährlich Mitgliederversammlungen durchzuführen. Die Sektionen waren Sportler einer Sportart und wie Sportgruppen zu behandeln.
Trainingszentren wurden zentral durch das Komitee der ASV geplant und gebildet. Die Führung erfolgte von den zugeordneten Sportgemeinschaften. Sportorganisationen konnten in Teilstreitkräften,  Militärbezirken, Verbänden, Offiziersschulen und Politorganen der PHV gebildet werden. Die Delegiertenkonferenzen waren das höchste Organ und mussten in Kreisverbandsebene (TSK) alle 6 Jahre und bis zur Militärbezirksebene aller 3 Jahre eine Leitung und Revisionskommision wählen. Die Leitungen sollten in der Regel vierteljährig   tagen. Die Leitungen einer Sportorganisation übertrugen ein Teil der Aufgaben an das hauptamtliche Sportkomitee der Politabteilung/Politverwaltung. In der Ebene der Teilstreitkräfte erfüllte diese Aufgaben das Komitee der Sportorganisation der Politverwaltung der Teilstreitkraft.
Die Armeesportklubs sind Zentren des Leistungssportes und wurden direkt vom Komitee der ASV Vorwärts geführt.
Die Sportkonferenz war das höchste Organ der ASV Vorwärts und trat aller 6 Jahre zusammen. Dieses Organ wählte das Präsidium und nahm den Revisionsbericht der Sportorganisationen entgegen. Zwischen den Präsidiumssitzungen erfüllt das Komitee der ASV die Aufgaben des Präsidiums. Das Präsidium hat den Status eines Bezirksverbandes des DTSB.

Auszug ASV-Instruktion von 1976

 3.1 Massensport
Der Bereich des Massensports wurde durch die Sportgemeinschaften abgedeckt. Diese hatte die Aufgabe der Erhaltung physischer Fitness aller Armeeangehörigen und Zivilbeschäftigten der NVA. Er wurde mit ehren amtlichen Kräften des Sportverbandes geführt und stellte die Breite der Mitglieder dar. Der Hauptschwerpunkt lag auf der Erlangung des Sportabzeichens des DTSB in drei Stufen, der Nachwuchssichtung, den Leistungsvergleich in militärischen Disziplinen sowie der Vorbereitung von internationalen Militärischen Wettkämpfen im den Warschauer Vertragsstaaten aber auch im Freizeitsport in den Dienststellen.

3.2 Nachwuchssport
Im Bereich des Nachwuchssportes wurden ebenfalls vorwiegend mit ehrenamtliche Kräften gearbeitet. Dieser Teil war die Vorstufe des Leistungssportes und hatte den Zweck der Sichtung, Anleitung und Förderung junger leistungsfähige Sportkader. Für den Nachwuchssport waren die jeweiligen Sportkomitees der Führungsebene verantwortlich. Im Nachwuchsbereich konnten alle Bürger der DDR als Mitglied des ASV Vorwärts trainieren. Die Kader wurden vorwiegend aus jungen Armeeangehörigen aber auch durch Sichtungen an Schulen rekrutiert.

3.3 Leistungssport
Im Nachwuchssport ausgewählte Kader wurden in Leistungszentren trainiert um an internationale Leistungen heranzukommen. Dazu gab es im ASV Vorwärts die Armeesportklubs und Trainingsstätten in den vom DTSB vorgegebenen Disziplinen (ASK Frankfurt/O, Oberhof, Potsdam, Rostock und die Trainingsstätte Johanngeorgenstadt). Hinzu kamen noch der Fußballklub Vorwärts, Frankfurt/O., und der Ruderklub Vorwärts, Rostock. Sonderregelungen gab es mit den Armeesportgruppen Vorwärts Stralsund und Dessau, welche als Leistungssportzentren eingestuft wurden. Die Sportklubs wurden von Berufstrainern geleitet. Diese wurden vom Komitee der ASV Vorwärts direkt geführt.

3.4 Sportregiement der ASV Vorwärts
Das Sportregiment wurde immer 18 Monate vor Beginn des Turn- und Sportfestes des DTSB aus ausgewählten jungen Armeeangehörigen aufgestellt. Die Aufgabe bestand in der Präsentation der sportlichen Leistungsfähigkeit des Armeesportverband Vorwärts bei der großen Sportschau zu dokumentieren. Dazu wurde der Übungsverband des ASV Vorwärts mit mehreren Sportkompanien über eine 15 monatige Ausbildungszeit an leistungsorientierte und komplizierte Massen-Choreografienübungen herangeführt. Es zeigte den hohen Ausbildungsstand des Armeesportverbandes Vorwärts. Das Turn- und Sportfest des DTSB erhielt in der Öffentlichkeit, auch International, eine hohe Aufmerksamkeit und war damit ein Aushängeschild der hohen Einsatzbereitschaft, auch für den Armeesportverein Vorwärts.
Nach Beendigung des Turn- und Sportfestes wurde das Sportregiment wieder aufgelöst. Das Sportregiement wurde direkt durch das Komitee der ASV Vorwärts geführt.

4. Führungsorgane der ASV Vorwärts (Komitees)
4.1 Division
Bestandteil des Stellenplanes der Politabteilung der Divisionen waren:

Stellvertretender Vorsitzender Sportorganisation des Verbandes und Leiter Sportkomitee (OSL)
Bearbeiter (ZB)
Gesamt: 1 Offizier/ 1 Zivilbeschäftigter


4.2 Militärbezirke
Bestandteil des Stellenplanes der Politischen Verwaltung waren:

Stellvertretender Vorsitzender Sportorganisation des MB und
Leiter Sportkomitee (OSL)
Oberinstrukteur Sportorganisation (OSL) Bearbeiter (ZB)
Gesamt: 2 Offiziere/ 1 Zivilbeschäftigter


4.3 Teilstreitkräfte
(Status eines Kreisvorstandes des DTSB)

Stellvertretender Vorsitzender Sportorganisation und Leiter Komitee der Sportorganisation (Oberst) Oberinstrukteur der Sportorganisation (OSL) Instrukteur der Sportorganisation (ZB) Bearbeiter (ZB)
Gesamt: 2 Offiziere/ 2 Zivilbeschäftigte


4.4 Ministerium für Nationale Verteidigung (Status eines Bezirksvorstandes des DTSB)

Stellvertretender Vorsitzende des Präsidiums und Leiter des Komitees der ASV Vorwärts (GM)
Leiter des Sekretariates (Büro) des Präsidiums des Komitee (Oberst)
Abteilungsleiter Massensport (Oberst)
Leiter Unterabteilung Kontrolle (OSL)
Abteilungsleiter Leistungssport (Oberst)
Leiter Unterabteilung Kontrolle (OSL)
Leiter Arbeitsgruppe NWL-Sport (OSL)
Abteilungsleiter Organisation/Sicherstellung (Oberst)
Leiter Unterabteilung Planung (OSL)
Leiter Unterabteilung Organisation (OSL)
Leiter Arbeitsgruppe Sicherstellung (OSL)
Küche, Objekt „SKABY“


Dem Leiter des Sportkomitee der ASV direkt unterstellt:

Leiter Unterabteilung Kader/Berufslenkung (OSL)
Leiter Unterabteilung Internat-Arbeit (OSL)
Leiter Sportmedizin
Leiter Revisionskommission ASV Leiter VS-Stelle
Leiter Finanzökonomie
Leiter Geschäftstelle
Leiter Politabteilung (Oberst)
Leiter Unterabteilung Instr./Org. (OSL)
Leiter Unterabteilung Prop./Agit. (OSL)
Gesamt: 29 Offiziere/2 Fähnriche
 

5. System der Planung und Versorgung
Die Belange des Sports wurden durch die Politorgane der jeweiligen Führungsorgane in Form von Fünfjahres- und Jahresplänen geplant und versorgt. Auf der Grundlage von Ausstattungsplänen und Normativen, welche durch die Sportkomitees bestätigt waren, wurde der jeweilige Jahresbedarf von Sportgemeinschaften und Sportklubs im Rahmen der Politmaterialplanung geplant. Die Fünfjahresplanung wurde vorwiegend in Zusammenarbeit mit den Sportkomitees und den Planungsorganen der Politorgane erstellt. Sonderbedarf wurde in Zusammenarbeit des Komitee der ASV Vorwärts mit der Abteilung materiell-technische Sicherstellung der PHV in den Plänen eingeordnet.
Ab Ende 1972 wurde in der Unterabteilung Planung und Versorgung eine Arbeitsgruppe zur Planung und Versorgung mit Sportmaterials mit der Übernahme des Sports geschaffen.
Die Lagereinrichtungen der Technischen Dienste der Politorgane wurden mit einem Lagerabschnitt „Sportmaterial“ zur Versorgung der Sportorganisationen, Trainingseinrichtungen und Sportklubs ergänzt.
Art und Umfang der Ausstattung wurde von den Komitees der Sportorganisation und dem Sportkomitees bestimmt.

 

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