09.12.2022

Gedanken zur Erinnerung an den
100. Jahrestag der Gründung der UdSSR 1922

von Generalmajor a.D. Sebald Daum

 

 

Am 30. Dezember 2022 jährt sich zum 100. mal der Tag der Gründung der Union der Sozialistischen Sowjet Republiken (UdSSR), ein Ereignis dass auch heute nichts von seiner großen geschichtlichen Bedeutung verloren hat, auch wenn es heute diese UdSSR nun schon über 30 Jahre nicht mehr gibt und man von allen Seiten versucht diese geschichtliche Tatsache zu verleugnen und zu verfälschen.

Die Bedeutung der Gründung der UdSSR liegt mit darin, dass in der Welt ein Staat entstand, der sich in seiner gesamten Politik  grundlegend von allen Staaten der bisherigen Welt unterschied. Sein 2. Gesetz war das Dekret über den Frieden, also Schluss mit allen Kriegen. Die Freundschaft mit allen Völkern der Welt war sein erstes Anliegen. 
 

Es entstand ein Staat, der auf den Grundsätzen der Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit aufgebaut war, der die in diesem Staat lebenden mehr als 250 Millionen Menschen von über 200 Nationalitäten und ethnischen Gruppen mit deren unterschiedlichen Sprachen, Traditionen und  Gewohnheiten achtete und vereinte.

Es entstand ein Staat der bis 1991 1/6 der Erde, also flächenmäßig der größte Staat der Erde, die Gebiete Osteuropas, Nordasiens und Teile Zentral- und Ostasien umfasste, und der aus dem rückständigen Russland einen hochentwickelten Staat schuf, der die zweitstärkste ökonomische und militärische Macht und mitbestimmend in der Welt wurde. Betrachtet man heute die verschiedenen Entwicklungetappen der UdSSR von seiner Gründung bis zu ihrer Auflösung im Rahmen eines Staatsstreiches, so war dieser Weg von Anfang an aber stets auch ein Kampf gegen äußere und innere Feinde, die vom 1. Tag an bestrebt waren die Entwicklung dieses prinzipiell neuen Systems der Gesellschaft und der Macht, die Idee einer neuen, einer Kommunistischen Gesellschaftsformation, zu verhindern und zu zerstören.

Nach dem Sieg der Oktoberrevolution in Russland, der Abwehr der Intervention der 14 ausländischen Staaten und der Beendigung des Bürgerkrieges 1920, der Abwehr der Versuche bürgerlicher Politiker und weißgardistischer Generale zur Bildung eigenständiger kapitalistischer Staaten, stand die Frage der Festigung der Sowjetmacht, ihre weitere politische, ökonomische und kulturelle Entwicklung im Mittelpunkt der Arbeit der führenden Partei in Russland, der Bolschewiki. Dies war vor allem der Kampf um die staatliche Selbstständigkeit, Unabhängigkeit und Sicherheit, dem Aufbau einer starken Ökonomie und Landwirtschaft, sowie der Festigung der  Verteidigungskraft. Dazu galt es alle Kräfte in einer zentralen Macht zu bündeln.  Bereits auf dem X. Parteitag der Kommunistischen Partei Russlands (Bolschewiki)  am 15. März 1921, wurde die Frage der Bildung eines Unionstaates gestellt. Dies sollte mit der "Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) und den bereits gebildeten Republiken "Belorussische Sozialistische Sowjetrepublik", (gegründet 1919, bzw. nach dem Krieg Polen-Russland im August 1920), der  "Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik" (gegründet im Januar 1919)  ohne den Teil Galizien und Lodomerien, (die hatte sich Marschall Pilsudsky in den neugegründete Polnischen Staat einverleibt) und der "Transkaukasischen Sozialistischen Sowjetrepublik", zu deren Bestand die vorher gebildeten Sowjetrepubliken Aserbaischan, Armenien, Abchasien und Grusinien (Georgien) gehörten, erfolgen. Im Jahre 1922 wurde diese Frage in den einzelnen Republiken stark diskutiert. Anfängliche Gedanken, diese Sowjetrupubliken, in die 1917 gebildete Russische Sowjetrepublik  mit der Hauptstadt Moskau, die im Januar 1918 auf dem III. Sowjetkongress den Namen "Russische Sozialistische Föderative Sowjet Republik" (RSFSR) erhielt einzugliedern, wurde von Lenin verworfen. Der Vorschlag Lenins, einen föderativen Unionsstaat zu bilden mit gleichberechtigten und ihre Souveränität bewahrenden Staaten, die jederzeit das Recht haben frei aus der Union auszutreten, wurde dann in dem zu erarbeiteten Vertragstext aufgenommen. Dieses Projekt Lenins wurde auf einem Plenum des ZK der Partei am 6. Oktober 1922 angenommen und am 29.Dezember 1922 auf einer Konferenz mit den Delegierten dieser 4 Republiken als Vertagstext beraten und beschlossen. Am 30. Dezember 1922 wurde dieser Vertrag auf dem Allrussischen Kongress der Sowjets zur Bildung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken angenommen und mit den Unterschriften aller Verantwortlichen dieser 4 Republiken in Kraft gesetzt. Auf der Grundlage des Beschlusses und der Deklaration über die Bildung der UdSSR wurde dann die 1. Verfassung (Konstitution) erarbeitet und 1924 angenommen. Oberstes gesetzgebendes Organ war das "Zentrale Exekutionkomitee", ab 1923 "Präsidium des Obersten Sowjets" mit  Michael, Iwanowitsch Kalinin als Präsident und dem Regierungsorgan, dem "Rat der Vokskommissare der UdSSR", mit Wladimir, Iljitsch Lenin als dessen Vorsitzenden. 

Im Verlaufe der weiteren Jahre wurden in diese Union die weiter entstandenen Sowjetrepubliken aufgenommen, so 1925 die Turkmenische und Usbekische, im Dezember 1929 die Tadschikische Sowjetrepublik, die früher Teil der RSFSR war. Mit der neuen 1936 angenommen Verfassung, wurde die Transbaikalische Sowjetrepublik aufgelöst und die neu entstandenen Sozialistischen Sowjetrepubliken, Aserbaischan, Armenien, Georgien, Kasachstan und Kirgistan   in den Unionsbestand aufgenommen. Im Jahre 1940 kamen dann noch die drei baltischen Sowjetrepubliken Estland, Lettland, Litauen und die Moldauische Sowjetrepublik dazu. 1940 schloss sich die Tuwinische Sowjetrepublik dem Bestand der RSFSR an.

Mit der Bildung der UdSSR 1922 war damit die Grundlage geschaffen, vereint die weiteren Aufgaben zum Aufbau der Gesellschaft konzentriert in Angriff zu neheme Hier spielte die Etappe der "Neuen Ökonomischen Politik" (NÖP) Lenins von 1921 bis 1928 eine wichtige Rolle für den Wiederaufbau der zerstörten Wirtschaft und der Schaffung der materiel-technischen, der sozialen, wissenschaftlichen und kulturellen Grundlagen für den weiteren Aufbau des sozialistischen Staates und der Gesellschaft. Ein Schwerpunkt war hierbei die Beseitigung der Hungersnot und der Armut in einem großen Teil des Landes, deren hauptsächlichen Gründe in den Folgen des Bürgerkrieges, der großen Dürre 1921, der Not in den Städten, dem Spekulantentum, aber auch in Fehler der Administration lagen. Durch große Anstrengungen und auch mit internationaler Hilfe aus dem Ausland, vor allem aus Amerika, gelang es diese Hungersnot zu überwinden. Die Landwirtschaft begann sich langsam zu erholen, war aber immer noch uneffektiv. Hier zeigten sich auch die Mängel in der Industrie. Es fehlten vor allem Machinen für die Landwirtschaft. Die Partei sah hier den Ausweg nur in der Industriealisierung und Kollektivierung. Trotz aller Probleme die mit der Kollektivierung entstanden, auch die  nochmalige große Hungersnot 1932/1933 in vielen Teilen des Landes, wurde sie ein Erfolg insgesamt. Durch die Industriealisierung, die ab 1929 in Angriff genommen wurde und an deren Anfang der Plan der Elektrifizierung (GOERLO) stand, gelang es die Rückständigkeit der Ökonomie insgesamt zu beseitigen. Es entstanden neue Fabriken und Kombinate, ein Netz neuer Eisenbahnen und Straßen, neue große Städte mit einer neuen Arbeiterklasse und ein hohes neues Bildungssystem. Das Land wurde auch für ausländische Konzerne interessant, so zum Beispiel durch amerikanische Unternehmer beim Aufbau des Stalingrader Traktorenwerks, des Magnitogorsker Metallurgischen Kombinates und in der Autoindustrie durch Ford und die deutsche Autoindustrie.

Durch den schnellen Aufbau des Schwermaschinenbaus und auch der Verteidigungsindustrie wurden die Grundlage für die Stärkung des Staates insgesamt geschaffen und waren letzlich die Grundlage für das Erstarken der Roten Armee und deren Sieg über den Hitler-Faschismus, trotz Repressionen und auch Fehler in der Anfangsperiode des Großen Vaterländischen Krieges (GVK) mit Verlusten an Land, Menschen und Material. Stalingrad wurde zur Wende im GVK und das Traktorenwerk ein Symbol des Sieges der Roten Armee und der Bürger der Stadt und des Landes über die faschistische Wehrmacht. Die Rote Armee und das Sowjetvolk hatten entscheidenden Anteil an der Zerschlagung des Faschismus in Europa, hatten aber auch die größten Opfer mit 27 Millionen Toten, verbrannter Erde, zerstörter Wirtschaft und kultureller Güter zu beklagen.

 

Trotz all dieser Verluste begann das Volk nach dem Sieg das Land wieder aufzubauen und erreichte in den 50. bis 70. Jahre große Erfolge in der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Forschung und der Kultur und hatte entscheidenen Einfluss auf die Weltpolitik und die Sicherung des Friedens in Europa, trotz NATO und amerikanischer Kriegspolitik. Der erste Sputnik war sowjetisch, der erste Mensch, die erste Frau im Weltall waren die sowjetischen Bürger Juri Gagarin und Valentina Tereschkowa. 

Ein Bruch in dieser so erfolgreichen Entwicklung entstand durch das Wettrüsten, indem sich die sowjetische Führung zu Beginn der 80. Jahre in die Spirale der Hochrüstung mit hineinziehen ließ und auch falsche wirtschaftliche Entscheidungen traf.

"Glasnost und Perestroika" – so schön das sich auch anhörte – verstärkten nun noch um ein Vielfaches den Niedergang in der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung der UdSSR und in der sozialistischen Staatengemeinschaft mit seinen Auflösungserscheinungen und Austritten von Republiken aus der UdSSR und waren letztlich auch der Grund für das Auseinanderfallen der Sozialistischen Staatengemeinschaft. So kam es dann am 26.Dezember 1991, fast auf den Tag genau nach 69 Jahren UdSSR, im Wald von Belowesch  (Belorussland) zwischen dem damaligen Präsidenten der RSFSR, Boris Jelzin, dem Präsidenten der BSSR, Stanislau Schuskewitsch, dem Präsidenten der UkSSR, Leonid Krawtschuk, also den drei Gründerstaaten der UdSSR, mit einem staatsstreichartigen Vorgehen, gegen den Willen des Volkes, zu der Auflösung der UdSSR und dem Niedergang all dieser Republiken in den nächsten Jahren. Vor allem die nun neu gebildete Russische Föderation (RF), als Nachfolgestaat der UdSSR, die eine kapitalistische Entwicklung einschlug, wurde durch die Politik Jelzins faktisch eine Kolonie der USA und eine "Regionalmacht", wie es freudig der US-Präsident Obama ausdrückte. Die USA und die NATO wähnten sich am Ziel ihrer Politik, sie sahen schon die Reichtümer Russland als ihr Eigentum an. Dann kam im Jahre 2000 ein gewisser Wladimir, Wladimirowitsch Putin als Präsident an die Macht und spielte dieses Spiel der USA und der NATO nicht mehr mit. Er wollte keine "regelbasierte Ordnung" in Russland, sondern einfach nur ein wieder erstarktes Russland, dass in der Welt anerkannt wird als ein Land, dass seine Politik selbst bestimmt und das, nun ein kapitalistisches Land, gute Beziehungen mit allen Völker auf der Basis gleichberechtigter Partner in einer multipolaren Welt pflegt. Das wollte man und will es  immer noch nicht durch die USA und NATO, Russland zugestehen. Die Welt ist aber heute eine andere geworden. Die USA und die NATO wollen aber diese Veränderungen in der Welt nicht anerkennen, sie glauben immer noch an ihren Alleinanspruch in der Welt, mit ihren Kriegen, wie seit dem 1. Weltkrieg. Aus diesem nicht Anerkennen der Realität durch die USA und ihren "Willigen Partner", resultieren all die großen Problem der heutigen Weltpolitik.

Gerade deshalb wird dieses 100. jährige Jubiläum Anlass sein nicht nur in Russland, sondern in vielen Ländern der Erde, über eine andere Politik neu nachzudenken. Durch viele Maßnahmen in der RF und auch anderswo, wie Konferenzen, Tagungen, Ausstellungen und Diskussionen, wird an den 100. Jahrestages der Gründung der UdSSR, gedacht werden, wird man das positive dieser Entwicklung herausheben, aber natürlich auch die Fehler benennen, um Lehren für eine andere, unabhängige Entwicklung der eigenen Länder zu ziehen. Dieser Jahrestag wird auch in den westlichen Staaten zur Kenntnis genommen werden, aber mehr um die Fehler und Schwächen aufzuzeigen, als Beweis dafür, dass ihre "regelbasierte Ordnung" die bessere sei für die weitere Entwicklung in der Welt.

Der Untergang, oder besser gesagt, die Zerstörung der UdSSR, des sozialistischen Weltsystems war und ist die größte Katastrophe des 20-Jahrhunderts. Aber trotz allem lebt diese Idee einer sozialistischen Entwicklung in der Welt weiter. Die rasante Entwicklung der Volksrepublik China, einem sozialistischen Land, wie auch in Vietnam, Nord Korea, Kuba, Venezuela und Nikaragua sowie die Entwicklung in einer großen Zahl von Staaten in Afrika, in Asien, in Südamerika zeigen einen anderen Weg der gesellschaftlichen Entwicklung. Sie wollen nach anderen Formen leben, sich nicht mehr unterdrücken und ausbeuten lassen, sondern für ein besseres Leben ihrer Bürger streiten. Der größere Teil der Völker der Welt wollen nicht mehr in einer unipolaren, sondern in einer multipolaren Welt selbstbestimmt, zum Wohle ihrer Völker und in Frieden mit allen leben. Die Idee einer chinesischen "Seidenstraße", liegt vielen Völker näher und erscheint ihnen besser, als die kriegerischen Absichten und Taten der Weltmacht USA.

 

 

Siehe dazu auch den Beitrag zur 2. Etappe der Stalingrader Schlacht  
oder auch hier: 

 

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