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- Wie geht es weiter mit der russischen privaten Militärgesellschaft „Wagner“
17.07.2023
von Generalmajor a.D. Sebald Daum
Am 29. Juni 2023 fand im Kreml ein Treffen des Russischen Präsidenten Wladimir Putin mit 35 Kommandeuren der privaten Militärgesellschaft „Wagner“ statt. An dem Treffen nahm auch der Unternehmer der Gesellschaft „Wagner“, Jewgeni Prigoschin teil. Das Treffen dauerte fast 3 Stunden. Über den Inhalt des Treffens gab der Präsident dem Korrespondenten der Zeitung „Kommersant“ Kolesnikov ein Interview. Am 10. Juli 2023 wurde durch den Pressesekretär des Präsidenten Dimitri Peskow die Presse über dieses Treffen und dessen Verlauf informiert. Auf dem Treffen, dass in einer offenen Atmosphäre erfolgte, schätzte der Präsident zu Beginn die Leistungen der privaten Militärgesellschaft „Wagner“ im Verlaufe der Speziellen Militärischen Operation (SMO) in der Ukraine hoch ein. Auf der einen Seite lobte er die Kämpfer der „Wagnertruppe“, die würdevoll im Rahmen der SMO ihre Pflicht erfüllten, aber anderseits die Tätigkeiten missbilligte , die sie am 24. Juni bei ihrem Marsch auf Moskau begangen. |
Der Versuch des Aufstandes und den Marsch nach Moskau bezeichnete Putin als Verrat am Vaterland. Er nannte Kämpfer und Kommandeure der „Wagnergesellschaft“ Patrioten, die sich aber leider in ein verräterisches Abenteuer hinein ziehen ließen. Putin hörte sich auch die Erklärungen der Kommandeure an, die zum Ausdruck brachten, auch weiterhin bereit zu sein für ihre Heimat zu kämpfen. Im Weiteren legte er dann den Kommandeuren die Möglichkeiten dar, die er für die weitere Tätigkeit der Angehörigen der Militärgesellschaft „Wagner“ in der Perspektive sieht.
Vordem hob Putin aber noch hervor, dass die Militärgesellschaft „Wagner“ zwar praktisch da ist, aber juristisch eigentlich in Russland nicht existiert, weil es dazu keine gesetzliche Grundlage, also keine Gesetze für solche privaten Militärgesellschaften in Russland gibt. Dazu müssen die Duma, das Parlament also und die Regierung darüber beraten und entsprechende Beschlüsse fassen. Putin nannte das eine schwierige Frage der Legalisierung.
Für die weitere Tätigkeit der Angehörigen der Militärgesellschaft „Wagner“ legte der Präsident den Kommandeuren einige Möglichkeiten dar.
Putin schlug ihnen vor, unter Führung ihres Kommandeurs mit dem Rufnahmen „Sedoij“, sich in einem festlelegten Raum zu sammeln und so weiter zu dienen wie in den vergangenen 16 Monaten. In diesem Falle, unterstrich der Präsident, wird sich für die Angehörigen nichts ändern. Dieser Vorschlag fand bei vielen Kommandeuren durch Kopfnicken Zustimmung. Das würde bedeuten, dass sie sich dem Verteidigungsministerium unterstellen und auch von diesem geführt und eingesetzt werden. Nur Prigoschin war mit diesem Vorschlag nicht einverstanden.
Eine weitere Möglichkeit der Tätigkeit wurde bereits vorher durch die Verhandlungen des Belorussischen Präsidenten Lukaschenko in Absprache mit Präsident Putin, den Abgehörige vorgeschlagen nach Belorussland in ein vorbereitetes Lager zu ziehen um dort mit der belorussischen 5. Brigade „SpezNas“ zusammenzuarbeiten, oder auch als Ausbilder in der Belorussischen Armee tätig zu werden. Diesen Vorschlag haben eine Reihe von Angehörigen von „Wagner“ bereits angenommen. Ihre Verlegung erfolgte für einen Teil bereits mit Omnibussen und LKW, ohne Kampftechnik, die sie vorher dem russischen Verteidigungsministerium übergeben hatten. In Belorussland hat auch Jewgeni Prigoschin Aufenthalt erhalten.
Eine weitere Möglichkeit besteht für die Angehörigen von „Wagner“ darin, den Dienst zu beenden und als freie Menschen in das zivile Leben zurückzukehren.
Bereits vorher, im Zusammenhang mit der Beendigung des militärischen Aufstandes, der durch die Verhandlungen des Belorussischen Präsidenten Lukaschenko, in Absprache mit dem Russischen Präsidenten Putin erreicht wurde, war allen Angehörigen der Militärorganisation „Wagner“ Straffreiheit durch den russischen Präsidenten garantiert worden.
Wichtig ist aber auch klar darzulegen, dass der Einsatz der Militärgesellschaft „Wagner“ bei der SMO in der Ukraine nicht durch die Wagner-Gesellschaft, sondern durch den russischen Staat bezahlt wurde. Dazu hatte der Präsident Putin am 27.06.2023 bei einer kurzen Dankesrede vor Soldaten die bei der Absicherung des militärischen Aufstandes der „Wagner-Truppe am 24. Juni eingesetzt waren, die Höhe der Zahlungen genannt.
Vom Mai 2022 bis Mai 2023 wurden für Löhne und stimulisierende Maßnahmen, an „Wagner“ aus dem Staatshaushalt 86 Milliarden, 262 Millionen Rubel gezahlt. Darin waren für Lohnzahlungen von 70 Milliarden, 384 Millionen Rubel, für stimulisierende Zahlungen – 15 Milliarden, 877 Millionen Rubel enthalten. Für steuerliche Ausgaben kamen noch 110 Milliarden, 179 Millionen Rubel dazu. Außerdem wurden in dieser Zeit an die Firma „Konkord“ des Eigentümers, die teilweise die Verpflegungssicherstellung der russischen Streitkräfte mit übernommen hatte, 80 Milliarden Rubel gezahlt.
Letztendlich muss man anerkennen und hervorheben, dass der Präsident Putin schon früher insgesamt die Tätigkeiten der Angehörigen der Gesellschaft „Wagner“, bei ihren Einsatz im Verlaufe der SMO, hoch eingeschätzt hat. Er nannte sie Patrioten, die ihre Pflicht dem Vaterland gegenüber mit Mut und Tapferkeit erfüllt haben, insbesondere im Kampf um Artemowsk (Bachmut) und dafür die Tapfersten unter ihnen auch mit staatlichen Auszeichnungen geehrt wurden.
Trotzdem bleibt die Beurteilung der Handlungen der Kräfte der „Wagnergesellschaft“ am 24.Juni 2023 als eine bewaffnete Meuterei, ein Verrat am Volk und Vaterland, als ein „Dolchstoß“ in den Rücken der kämpfenden Truppe für den teilnehmenden Kreis an diesen Einsatz bestehen, wie es Putin am 24.Juni 2023 eingeschätzt hatte.
In der weiteren Perspektive wird sich sicher die Duma und die Regierung der Russischen Föderation mit den Problemen der Legalisierung (oder des Verbotes) der privaten Militärorganisationen in Russland, wovon es ja noch einige mehr als Wach- und Sicherungsgesellschaften gibt, beschäftigen um eine gesetztliche Regelung herbeizuführen. Noch kann die Militärgesellschaft „Wagner“ auch weiterhin Kämpfer für ihren Einsatz sowohl in den russischen Streitkräften als auch im Ausland, in Russland und anderswo anwerben. Als selbsständige private Militärgesellschaft wird sie aber wohl nicht mehr eigenständig im Rahmen der SMO für Russland handeln können. Hier kann sie nur unter den Befehl des Kommandos der russischen Streitkräfte, entsprechend einer vertraglichen Vereinbarung, eingesetzt werden. Als einzelner Kämpfer kann jeder als Freiwilliger mit Vertrag in der russischen Armee dienen.