04.04.2024

31.01.1945 – Kienitz – 31.01.2024

In der Nacht zum 31.01.1945 überschritten Vorausabteilungen der 5. Stoßarmee der 1. Belorussischen Front die zugefrorene Oder bei Kienitz und errichteten den ersten Brückenkopf auf dem westlichen Oderufer.

Wie in einem Feuersturm hatte die Rote Armee gemeinsam mit ihren polnischen Kampfgefährten nach dem 12. Januar 1945 in ihrer Weichsel-Oder-Operation von der Weichsel nach Westen stürmend starke Kräfte der deutschen Wehrmacht zerschlagen und an der Oder und Neiße das vorletzte Etappenziel bei der Zerschlagung des Faschismus erreicht.

Von den nachfolgend ausgebauten Brückenköpfen zwischen Kienitz und Küstrien begann sie am 16. April 1945 ihren Sturm auf Berlin und zwang am 8. Mai 1945 das faschistische Deutschland zur bedingungslosen Kapitulation.

 

Alljährlich findet an eben diesem 31.01. in Kienitz eine Gedenkfeier statt, um der Befreiung dieser Ortschaft, der ersten auf dem Territorium der (ehemaligen) DDR zu gedenken. Ort des Gedenkens war bisher das „Panzerdenkmal“, das 1970 auf Eigeninitiative und in Eigenleistung von Einwohnern des Ortes und Sowjetsoldaten errichtet wurde.

Nach den politischen Veränderungen 1990 bekannten sich die Einwohner zu ihrem Denkmal als Zeichen für die Befreiung vom Faschismus. Der Panzer blieb.

Seit vielen Jahren nehmen Mitglieder der Regionalgruppe Strausberg und Berlin an dieser Gedenkfeier gemeinsam mit Anwohnern, Vertretern der Verwaltung des Kreises und der Kommune und des Landtages teil.

Dieses Jahr wurde jedoch von der langjährigen Tradition abgewichen.

Die Gedenkfeier fand statt am „Panzer“ an dem nach der Wende errichteten Gedenkstein für die „Opfer von Krieg und Gewalt“ statt. Als Vertreter unseres Verbandes machten wir unseren Unmut zu dieser Veränderung deutlich.

Nach Ende der Gedenkfeier erwiesen zumindest der Landrat und der Bürgermeister von Letschin am „Panzerdenkmal“ den von der Sowjetarmee für die Befreiung vom Faschismus erbrachten Opfern ihre Ehrerbietung.

Vom Ortspfarrer konnten wir das nicht beobachten.

 

Unser Gedenken an den 31.01.1945 verbinden wir selbstverständlich immer auch mit dem Gedenken der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee in eben der oben genannten Weichsel-Oder-Operation.

Unbedingt muß am 27. Januar auch der Befreiung Leningrads aus der faschistischen Blockade im Jahr 1944 gedacht werden. Mehr als eine Million Leningrader haben das dreijährige Martyrium nicht überlebt.

Der Bundestag gedachte zwar am 31.01.2024 zwar der Opfer von Auschwitz, aber  kein Wort des Bedauern, der Scham oder der Bitte um Vergebung für die getöteten Leningrader, eindeutig ein Kriegsverbrechen der Wehrmacht an der Zivilbevölkerung.

Aber nicht nur diese Art der Geschichtsvergessenheit der heute in politischer Verantwortung – gleich ob in Regierungsverantwortung oder in Opposition – Stehenden ist mehr als bedenklich.

Kürzlich habe ich von einem sehr bezeichnenden Fakt gelesen:

Die Bundesrepublik Deutschland hat jüdischen Überlebenden der Leningrader Blockade eine Entschädigung für ihr erlittenes Leid gezahlt, aber eben nur jüdischen Überlebenden. Das Leid der anderen Menschen in Leningrad während der Blockade ist dem offiziellen Berlin also sch…egal.

Dies erinnert mich an die mehr als beschämende Umsetzung der Entschädigungszahlungen für Zwangsarbeiter vor allem aus der ehemaligen Sowjetunion.

Es wurde verzögert, verzögert, verzögert, bis sich die Zahlungen aus biologischen Gründen fast erübrigt hatten.

 

Wie sagte Berthold Brecht: „Menschen seid wachsam, der Schoß ist fruchtbar noch.“

 

Siegfried Eichner,
RG Berlin

   
     

 

 

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